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       # taz.de -- Mit Blei verseuchtes Wasser in den USA: Skandal weitet sich aus
       
       > Laut einem Zeitungsbericht sind alle US-Bundesstaaten von einem
       > Trinkwasserskandal betroffen. Michigans Gouverneur wurde dazu im Kongress
       > angehört.
       
   IMG Bild: Braune Suppe: Die US-Bürgerin LeeAnne Walters präsentiert Trinkwasserproben aus ihrem Haus in Flint, Michigan
       
       Washington AFP | Wie die Zeitung USA Today am Donnerstag unter Berufung auf
       eigene Recherchen berichtete, sind rund sechs Millionen US-Bürger von
       verseuchtem Trinkwasser betroffen. In etwa 2.000 Wasserverteilungssystemen
       seien Bleiwerte gemessen worden, die über den von der Umweltschutzbehörde
       EPA empfohlenen Grenzwerten lägen. Betroffen seien alle 50 Bundesstaaten.
       
       Das Problem der Bleikontamination hat damit offenbar weitaus größere
       Dimensionen als bislang bekannt. In den vergangenen Monaten hatten die
       Zustände in der Stadt Flint im Bundesstaat Michigan die Aufmerksamkeit der
       US-Öffentlichkeit auf das Problem gelenkt.
       
       Wegen der Verseuchung des Trinkwassers in der 100.000-Einwohner-Stadt rief
       Präsident Barack Obama im Januar den Notstand in Michigan aus. Der dortige
       Gouverneur Rick Snyder sah sich wegen des Skandals mit
       Rücktrittsforderungen konfrontiert.
       
       Bei Kindern in Flint waren deutlich erhöhte Bleiwerte festgestellt worden,
       viele Einwohner klagen über Hautausschlag, Erbrechen und Haarausfall.
       Kinder sind besonders empfindlich für die Wirkungen des Gifts. Blei kann
       sogar dauerhafte Lern- und Verhaltensprobleme verursachen. Laut USA Today
       versorgen etwa 350 der landesweit von der Bleikontaminierung betroffenen
       Wasserversorgungssysteme auch Schulen und Kitas.
       
       ## 42 Mal so hoch wie der Grenzwert
       
       Die Zeitung berichtete von dem Fall einer Grundschule im Bundesstaat Maine
       an der Nordostküste, wo der gemessene Bleigehalt 42 Mal so hoch gewesen sei
       wie der EPA-Grenzwert. In einer Kita im Bundesstaat Pennsylvania an der
       Ostküste habe der Wert um das 14-fache über der Norm gelegen.
       
       In Flint geht die Bleikontamination auf Sparmaßnahmen zurück. Die
       Stadtverwaltung hatte im April 2014 damit begonnen, Wasser aus dem mit
       Chemikalien verseuchten Flint-Fluss zur Trinkwasseraufbereitung zu nutzen.
       Zuvor war Trinkwasser aus Detroit bezogen worden.
       
       Laut einer Klage von Bürgerrechtlern genehmigte die Umweltbehörde des
       Bundesstaates den Schritt, obwohl die Kläranlage der Stadt das Flusswasser
       nicht entsprechend den Trinkwasservorschriften aufbereiten kann. Experten
       vermuten, dass die Chemikalien aus dem Fluss die Wasserrohre derart
       zersetzten, dass das in ihnen enthaltene Blei in großen Mengen in die
       Trinkwasseranlagen gelangen konnte.
       
       Gouverneur Snyder musste am Donnerstag vor einem Ausschuss des
       Repräsentantenhauses Stellung beziehen. Der Republikaner räumte seine
       Mitverantwortung ein. Allerdings seien auf allen Ebenen Fehler gemacht
       worden, auch in der Gemeindeverwaltung und in den Bundesbehörden: „Wir
       haben alle gegenüber den Familien von Flint versagt.“
       
       Vertreter der Demokraten nahmen Snyder während der Anhörung hart in die
       Zange. Er nehme dem Gouverneur nicht ab, dass er bis zum Oktober 2015
       nichts von der Verseuchung gewusst habe, sagte der Abgeordnete Matt
       Cartwright und fügte hinzu: „Ich habe genug von Ihrer gespielten
       Zerknirschtheit und Ihren fadenscheinigen Entschuldigungen“. Der
       Trinkwasserskandal ist auch zu einem Thema im US-Wahlkampf geworden.
       
       18 Mar 2016
       
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