URI: 
       # taz.de -- taz-Aprilscherz über Erdoğan: Keine Kalifenwitze, bitte!
       
       > Die Nachricht über Erdoğans Auftritt bei der AfD war ein Scherz. Die
       > Türkische Botschaft dementierte und sandte einen Beschwerdebrief.
       
   IMG Bild: Herr Erdoğan in Berlin, aber nicht bei Frau Storch
       
       Berlin taz/dpa | Auf die Enthüllung reagierte die türkische Botschaft
       verstimmt: Recep Tayyip Erdoğan tritt bei der AfD auf. [1][Das hatte die
       taz am 1. April in ihrer Berliner Ausgabe exklusiv berichtet.] Unter der
       Überschrift „Von Storch hofft auf den Kalifen“ hatte Redakteur Uwe Rada
       behauptet, es sei zwar noch unklar, wer den für August geplanten
       Wahlkampfauftritt eingefädelt habe, aber: „Nach taz-Informationen hatte
       sich der türkische Botschafter in Berlin an die hiesige AfD gewandt.“
       
       Die türkische Botschaft dementierte. In einem persönlichen Schreiben
       beschwerte sich der Botschaftsrat für Presseangelegenheiten bei der
       Chefredaktion und bat um eine Stellungnahme.
       
       Dieser Bitte kam taz-Chefredakteur Georg Löwisch am Montag nach. Löwisch
       zeigte sich schuldbewusst: „Dass wir nicht mit der Botschaft der Türkei in
       Kontakt getreten sind, um die Angaben unserer Quellen auf ihren
       Wahrheitsgehalt zu überprüfen, wie Sie es kritisieren, trifft
       vollinhaltlich zu“, [2][schrieb Georg Löwisch dem türkischen
       Botschaftsrat.] „Der Grund dafür ist: Der Wahrheitsgehalt des Beitrags ist
       extrem niedrig.“
       
       Aber dafür las er sich gut: Hintergrund der Wahlkampfhilfe Erdoğans für die
       AfD sei der Protest der Rechtspopulisten gegen den NDR und sein Satirevideo
       „Erdowie, Erdowo, Erdoğan“, schrieb Autor Rada. „Ein solcher ‚Märchen‘-Deal
       zwischen Kalif und von Storch würde für beide Seiten einen Gewinn
       bedeuten“, fabulierte er. „Erdoğan wäre zurück auf der politischen Bühne in
       Deutschland, und die AfD stünde erstmals auf der europäischen Bühne.
       Darüber hinaus könnte die Partei auch bei eingebürgerten Wählern türkischer
       Herkunft buhlen.“
       
       Unumwunden räumt Löwisch nun ein: Die Informationsquelle der taz über den
       geplanten Erdoğan-Auftritt sei „die Phantasie unseres Autors Uwe Rada“
       gewesen. Denn der Artikel sei „frei erfunden“. Dafür gebe es auch einen
       triftigen Grund: „Es handelt sich um einen Aprilscherz.“ Die Tradition des
       Aprilscherzes reiche bis ins siebzehnte Jahrhundert zurück, klärte der
       Chefredakteur der 1978 gegründeten Zeitung den türkischen Botschaftsrat
       auf.
       
       Löwischs Schreiben schließt mit einem Zitat aus Mozarts Oper „La finta
       giardiniera“: „Glaubt nicht an die Lügen des losen Mädchens, sie will euch
       schicken in den April.“
       
       ## Das Schmähgedicht
       
       Unterdessen hat Kanzlerin Angela Merkel ein im ZDF ausgestrahltes und dann
       wiedergestrichenes Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann über Erdoğan
       als „bewusst verletzend“ kritisiert. Das habe sie in einem Telefonat mit
       dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu am Sonntag deutlich
       gemacht, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin mit.
       Sie seien der gemeinsamen Ansicht, dass es sich um einen „bewusst
       verletzenden Text handelt“.
       
       Merkel habe auf die Konsequenzen verwiesen, die der ausstrahlende Sender
       bereits gezogen habe. Ferner habe sie den hohen Wert bekräftigt, den die
       Bundesregierung der Presse- und Meinungsfreiheit beimesse. Diese sei aber
       nicht schrankenlos.
       
       Das ZDF hatte in der Nacht zu Samstag in der Wiederholung von Böhmermanns
       Sendung „Neo Magazin Royale“ einen Beitrag gestrichen, der am vorigen
       Donnerstag auf ZDFneo erstmals ausgestrahlt worden war.
       
       Böhmermann hatte das mit „Schmähkritik“ überschriebene Gedicht dort
       vorgelesen und selbst darauf hingewiesen, dass so etwas in Deutschland
       nicht erlaubt sei. Die Verse enthalten Formulierungen, die unter die
       Gürtellinie zielen. Außerdem wurde die Sendung nicht am 1. April
       ausgestrahlt.
       
       4 Apr 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /fileadmin/static/pdf/Rada_VonStorchhofftaufKalifen.pdf
   DIR [2] /fileadmin/static/pdf/LowischAntwort4.April.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
   DIR Alke Wierth
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR Satire
   DIR Beatrix von Storch
   DIR ZDF Neo
   DIR Jan Böhmermann
   DIR Jan Böhmermann
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR Satire
   DIR Schwerpunkt Türkei
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nach Ärger wegen Erdogan-Gedicht: Böhmermann sagt Auftritt ab
       
       In der aktuellen Situation ist ihm nicht nach Feiern zumute: Der Moderator
       kommt nicht zur Verleihung des Grimme-Preises.
       
   DIR „Schmähkritik“ von Jan Böhmermann: Angela Erdoğan ermittelt
       
       Die „Schmähkritik“ des TV-Moderators am türkischen Präsidenten hat ein
       juristisches Nachspiel. Das ist auch das einzig Normale an der Affäre.
       
   DIR Anzeigen wegen Erdogan-Satire: Ermittlungen gegen Böhmermann
       
       Jetzt beschäftigt sich die Mainzer Staatsanwaltschaft mit dem „Neo Magazin
       Royale“. Für eine formale Strafverfolgung fehlen aber noch Voraussetzungen.
       
   DIR Erdoğan-Leibwächter gegen Protestler: Die mit den Ziegen blöken
       
       Demonstranten protestieren beim US-Besuch des türkischen Präsidenten
       Erdoğan. Dessen Bodyguards werfen sich laut blökend auf sie.
       
   DIR Satire über Erdoğan: „Extra 3“ legt nach
       
       Am Mittwochabend macht sich das Satiremagazin „Extra 3“ über die
       Zurückhaltung der Bundesregierung lustig. Und über den türkischen
       Präsidenten Erdoğan.
       
   DIR Türkei kritisiert „Extra 3“: Außenministerium vs. Erdoğan-Song
       
       Das Ministerium hat den Stopp einer TV-Satire des NDR über Präsident
       Erdoğan gefordert. Der deutsche Botschafter war deshalb zuvor einbestellt
       worden.