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       # taz.de -- Reaktion auf Panama Papers: Taschenlampe im Oasendschungel
       
       > Justizminister Maas will Briefkastenfirmen zwingen, ihre Eigentümer
       > offenzulegen. Strittig ist, für wen. Ein Konflikt mit Finanzminister
       > Schäuble bahnt sich an.
       
   IMG Bild: Es dämmert hinter Frankfurts Skyline. Wie aber kommt mehr Licht ins Dunkel der Briefkastenfirmen?
       
       BERLIN taz | Wegen des Panama-Skandals will Bundesjustizminister Heiko Maas
       (SPD) schärfer gegen Firmen vorgehen, die Geldwäsche und
       Steuerhinterziehung betreiben. Am Dienstag kündigte er ein deutsches
       Transparenzregister an. Darin soll für jede hierzulande registrierte Firma
       verzeichnet sein, wem sie genau gehört. Zwischen Justiz- und
       Finanzministerium gibt es jedoch Differenzen, wer Einsicht in das Register
       erhalten soll.
       
       Laut Recherchen von [1][Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR] arbeiten im
       mittelamerikanischen Staat Panama Hunderttausende Briefkastenfirmen. Diese
       können einerseits dazu dienen, illegal erworbenes Geld zu horten. Ein
       zweiter Zweck ist oft die Steuerhinterziehung. Weil die wahren Eigentümer
       in öffentlich zugänglichen Unterlagen nicht auftauchen, sondern nur
       Strohmänner, sind Guthaben und Besitzer vor dem Zugriff der Behörden im
       Heimatland geschützt. Auch mindestens 14 deutsche Banken haben für ihre
       Kunden mehr als 1.200 Briefkastenfirmen gegründet, heißt es in den
       „Panama-Papers“.
       
       Maas setzt nun am deutschen Geldwäschegesetz an, das sowieso überarbeitet
       werden muss. Hier soll festgelegt werden, dass alle in Deutschland
       registrierten Firmen ihre „wirtschaftlich Berechtigten“ nennen müssen, also
       ihre wahren Eigentümer, die über das Kapital verfügen.
       
       Heute ist das nicht immer gegeben. GmbHs müssen im Handelsregister zwar
       ihre Geschäftsführer und Gesellschafter veröffentlichen. Bei
       Aktiengesellschaften hingegen ist oft nicht ersichtlich, wer die Aktionäre
       sind. Anteile können beispielsweise auch anonymisierte Firmen besitzen,
       deren Kapitaleigner sich hinter vorgeschobenen Pseudogeschäftsführern in
       Panama oder anderen Staaten verstecken.
       
       Dieses internationale Finanzdickicht will Maas nun ausleuchten. Müssten
       alle Firmen ihre Eigentümer nennen, hätten Finanzämter und Polizei bessere
       Möglichkeiten. Maas sagte am Dienstag aber auch, dass „möglichst viele
       Menschen Einsicht in das Transparenzregister erhalten sollten“.
       Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist deutlich zurückhaltender.
       Das zeigte sich, als kürzlich die europäische Geldwäscherichtlinie
       überarbeitet wurde. Zwar stimmte Schäuble zu, dass europaweit Informationen
       über die wirklichen Eigentümer von Firmen registriert werden.
       
       ## Konflikt zwischen Schäuble und Maas bahnt sich an
       
       Allerdings sollen nur bestimmte Personen Zugriff auf diese Informationen
       bekommen – konkret: solche mit „berechtigtem Interesse“ wie beispielsweise
       Polizisten oder Steuerfahnder. Ob auch Journalisten oder kritische
       Organisationen wie das Netzwerk für Steuergerechtigkeit dazugehören, muss
       die Koalition nun im Zuge der Reform des Geldwäschegesetzes entscheiden.
       Bleibt Schäuble bei seiner Linie, wird er in Konflikt mit Justizminister
       Maas geraten, der mehr öffentlichen Zugang schaffen will.
       
       Sowohl das deutsche als auch das europäische Firmenregister müsse komplett
       offen sein, argumentiert das Netzwerk für Steuergerechtigkeit. Wenn
       interessierte Bürger und Organisationen Zugang zu den Firmendaten hätten,
       entstehe Druck, der bis in Tausende Kilometer entfernte Steueroasen wie
       Panama wirke, sagt Markus Meinzer vom Netzwerk. Die Niederlande und
       Großbritannien hätten sich bereits für den unlimitierten Zugang
       entschieden. „Dagegen blockiert das Bundesfinanzministerium Transparenz“,
       wirft Meinzer Schäuble vor.
       
       Eine weitere Gesetzesverschärfung, die nun im Licht des Panama-Skandals
       diskutiert wird, betrifft die Geldinstitute. „Wie in den USA sollten auch
       Banken in Europa bestraft werden, wenn sie Geschäfte mit intransparenten
       Firmen machen“, sagt der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. „Banken
       müssen garantieren können, dass sie grundsätzlich nur Konten und
       Geschäftsbeziehungen unterhalten, bei denen sie die wirtschaftlich
       Begünstigten kennen und melden.“
       
       Giegold verweist auf das entsprechende Gesetz in den USA, den Foreign
       Account Tax Compliance Act (Fatca). So etwas wünscht sich der Grüne auch
       für die EU. Und SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel ergänzt: „In Zukunft
       müssen nicht nur einzelne Bankmitarbeiter haftbar gemacht werden können,
       sondern auch die gesamten Unternehmen.“
       
       5 Apr 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://panamapapers.icij.org/
       
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   DIR Hannes Koch
       
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