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       # taz.de -- Neues Album von Moderat: Sanfte Sounds, hoher Gesang
       
       > Läuft auch im Ausland rund: Das Berliner Trio Moderat vermittelt mit
       > seinem neuen Album „III“ erfolgreich zwischen Dancefloor und Indierock.
       
   IMG Bild: Berlins prominenteste „Laptop-Boygroup“: Moderat
       
       Keine einfache Übung für Moderat, dieses Album Nummer „III“, denkt man sich
       so, als man im Browser des Mediaplayers bis „M“ runterscrollt. Wenn man da
       bei den ersten beiden Alben des Berliner Trios haltmacht, so begegnet man
       zwei Werken, die zu den größten Erfolgen des elektronischen Pop aus
       Deutschland in jüngerer Zeit zählen. 2013 hatte das Trio mit „Bad Kingdom“
       einen Hit – mit groovig-sphärischem Sound, der in ganz Europa rauf und
       runter lief.
       
       Moderat werden dabei wahlweise als „Elektropop-Supergroup“ oder
       „Laptop-Boygroup“ bezeichnet. Na ja, so nannte Sascha Ring das Projekt mal
       selbstironisch, bestehend neben ihm selbst (der auch solo als Apparat
       erfolgreich ist) und den beiden Musikern Gernot Bronsert und Sebastian
       Szary, die sich als Duo Modeselektor nennen.
       
       Abgesehen von den ebenfalls in Berlin lebenden Kalkbrenner-Brüdern gehören
       Moderat zu den deutschen Produzenten, die im Ausland kommerziell am
       erfolgreichsten sind. Nicht einfach also ist dieses dritte Album deshalb,
       weil sie nun zeigen müssen – besser: wollen –, dass sie zu Recht da sind,
       wo sie sind. Auch wenn sie „aus dem Technokeller kommen“, wie Ring der taz
       sagte, machen Moderat inzwischen lupenreinen Pop, dem man allerdings den
       Clubhintergrund anhört.
       
       Sanfte elektronische Sounds bestimmen das Klangbild, dazu singt Ring in
       meist hoher Stimmlage, was manchmal an Radiohead-Mastermind Thom Yorke
       erinnert. Zwischendurch wird das Tempo angezogen, werden die Beats
       hochgepitcht. Meist aber regiert der gemächliche und melancholische,
       verspielte und fricklige Popsong.
       
       „III“ klingt wie die logische Fortsetzung dessen, was die Band auf den
       ersten beiden Alben begonnen hat. Von einer geplanten Trilogie will Ring
       dennoch nicht sprechen. Der Auftakt „Eating Hooks“, in dem Ring mit
       seelenvollem Gesang elliptisch von den Beruhigungsstrategien der Gegenwart
       erzählt („Meditation/Medication“, „The Cure Of Myself“), puckert leise los
       und entwickelt dann Lärm – ein Einstieg, wie er kaum besser möglich ist. Es
       gibt weitere Songs, die sofort hängen bleiben und die kraftvoll klingen wie
       etwa die erste Single „Reminder“ – bisschen Geklacker, radiotaugliche
       Hookline – und der treibende Dancetrack „Running“.
       
       Als Gesamtpaket bleiben Moderat, die man als Kollektiv verstehen kann, beim
       Bewährten: Für Visuals, Videos und Artwork sind seit dem Debütalbum (2009)
       die Webdesigner von der Pfadfinderei zuständig: Ihr Clip zur ersten
       Single-Auskoppelung „Reminder“ kommt mit spaciger Schwarz-Weiß-Ästhetik
       daher und erinnert an ein Videospiel. Die Cover-Skizze hat wie zuletzt der
       befreundete Produzent Siruismo entworfen. Sie zeigt ein ziemlich seltsam
       dreinschauendes Kind – die Abbildung ist einer alten Fotografie
       nachempfunden, bei der den Porträtierten unsichtbare „Ghostmothers“ zur
       Seite gestellt wurden. Es ist ein eingespieltes Team, das seit einigen
       Jahren für Liveperformance, Produktion und Design zuständig ist (und das
       übrigens ein reines Jungsding ist).
       
       ## Den Stiefel durchziehen
       
       Diese Crew, die autodidaktisch begann und ihren Stiefel durchgezogen hat,
       sieht Ring als wesentliches Element bei Moderat: „Wir sind alle Typen, die
       vor 20 Jahren nach Berlin gekommen sind und angefangen haben
       rumzustümpern“, erinnert er sich an die Prä-Laptop-Boygroup-Zeiten. Diesen
       Berliner Weg repräsentieren sie heute wie kaum eine andere Band. Inzwischen
       klingen Moderat aber wie Routiniers – was sich positiv wie negativ
       auswirkt.
       
       Abgesehen vom Finale „Ethereal“, das seicht und seifig klingt, findet sich
       kein schlechter Song auf „III“. Aber mit dem wildwuchernden und
       rhythmischen „Animal Trails“, der klingt, als hätten Moderat auf allem
       rumgetrommelt, was gerade zur Hand war, franst das Album schon am stärksten
       aus; ansonsten ist da zu wenig Widerständiges. Es fehlen
       Überraschungsmomente und es fehlen auch Passagen des Abdriftens und
       Abdrehens, bei denen man einer Band wie Moderat gern zuhören würde. Das
       unterscheidet sie dann doch deutlich von Künstlern wie Radiohead, mit denen
       sie gemeinsam getourt sind, oder auch The Notwist, die beim Spagat zwischen
       elektronischer Musik und Indie gern auch mal eine Zerrung riskieren.
       
       13 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
       
       ## TAGS
       
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   DIR Neues Album
   DIR elektronische Musik
       
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