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       # taz.de -- Kommentar Innere Sicherheit in Europa: Das Ablenkungsmanöver
       
       > Die europäischen Innenminister wollen neue Datenberge anhäufen. Dabei
       > sollten sie besser bereits vorhandene Daten über Gefährder sinnvoll
       > nutzen.
       
   IMG Bild: Demonstrantin, die sich dauergescannt fühlt
       
       Nach [1][den islamistischen Terroranschlägen von Brüssel] hat es zwei Tage
       gedauert, bis die Innenminister der EU-Staaten eine gemeinsame Linie
       gefunden haben. Einerseits appellieren sie an sich selbst, vorhandene Daten
       über Gefährder besser zu teilen. Das ist sinnvoll, damit (potenzielle)
       Terroristen, die in verschiedenen EU-Staaten aktiv sind, auch überall als
       Gefahr erkannt und beobachtet werden können. Andererseits fordern sie das
       Europäische Parlament auf, die Speicherung der Fluggastdaten aller Flüge in
       Europa nicht mehr länger zu blockieren. Das ist perfide und abzulehnen.
       
       So gibt es schon keinen Bezug zu den Anschlägen in Brüssel. Die Täter haben
       zwar einen Flughafen angegriffen, doch dazu brauchten sie kein Flugticket.
       Es ist von Auto- und Taxifahrten der Täter die Rede, nicht von Flugreisen.
       Kein Innenminister hat bisher erklärt, warum die Vorratsdatenspeicherung
       aller Fluggastdaten (wer flog wann wohin und was aß er auf dem Flug?) eine
       sinnvolle Maßnahme gegen Anschläge wie die von Brüssel sein soll. Die
       Polizei war schon mit der Verarbeitung der Daten, die über die Täter
       vorhanden waren, überfordert. Noch mehr Daten (über alle und jeden) sind
       ganz sicher keine sinnvolle Lösung für die konkrete Gefahrenlage.
       
       Es geht den Innenministern offenbar vor allem darum, den Widerstand gegen
       neue Vorratsdatenspeicherungen zu diskreditieren. Wenn das Europäische
       Parlament jetzt nachgibt, nur um von den Innenministern gelobt zu werden,
       hat es überhaupt nichts verstanden.
       
       ## Gefährdete Quellenlage
       
       Doch den Innenministern geht es nicht nur darum, Datenschützer ins
       Zwielicht zu stellen. Wenn die Minister jetzt die Vorratsdatenspeicherung
       für Fluggastdaten forcieren, ist dies auch ein Ablenkungsmanöver. Denn der
       viel wichtigere Datenaustausch über Gefährder scheitert bisher vor allem an
       den eigenen Behörden der Innenminister: an Polizei und
       Inlands-Geheimdiensten. Diese haben Angst, ihre Quellen (zum Beispiel
       V-Leute) zu gefährden und wollen deshalb die Daten mit möglichst niemand
       teilen.
       
       In Deutschland hat es nach den Al-Qaida-Anschlägen von 2001 immerhin fünf
       Jahre gedauert bis eine gemeinsame Anti-Terror-Datei eingerichtet wurde.
       Gebremst hatte vor allem der Verfassungsschutz. Die Minister wissen, dass
       ihre Appelle zur Zusammenarbeit nur für die Galerie sind. Deshalb
       präsentieren sie den Datenschutz und das Europäische Parlament als
       Prügelknaben.
       
       25 Mar 2016
       
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