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       # taz.de -- Grenze von Aserbaidschan zu Armenien: Dutzende Tote bei Kämpfen
       
       > Bei Kämpfen in Berg-Karabach sind mindestens 30 Soldaten sowie Zivilisten
       > getötet worden. Russland, USA und UN warnen vor weiterer Eskalation.
       
   IMG Bild: Schwere Kämpfe: abgeschossener aserbaidschanischer Helikopter
       
       Eriwan afp | Nach heftigen Gefechten zwischen Armenien und dem Nachbarland
       Aserbaidschan an der Frontlinie zum umstrittenen Grenzgebiet Berg-Karabach
       hat die internationale Gemeinschaft vor einer weiteren Eskalation des
       Konflikts gewarnt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Beteiligten auf,
       „die Waffenstillstandsvereinbarung vollständig zu respektieren“. Auch die
       USA, Russland, die EU und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)
       drangen auf ein Ende der Gewalt.
       
       Die Gefechte in der Südkaukasusregion dauern an. An der Südgrenze der
       Unruheregion gebe es weiterhin Kämpfe mit dem aserbaidschanischen Militär,
       sagte ein Sprecher des armenischen Verteidigungsministeriums der Agentur
       Interfax zufolge am Sonntag. Von aserbaidschanischer Seite lag zunächst
       keine Stellungnahme vor.
       
       Die Gefechte, die in der Nacht zum Samstag begonnen hatten, waren mit
       mindestens 30 getöteten Soldaten die tödlichsten seit der Unterzeichnung
       eines Waffenstillstandsabkommens zwischen Armenien und Aserbaidschan im
       Jahr 1994.
       
       Nach Angaben des armenischen Präsidenten Serge Sarkissjan wurden 18
       armenische Soldaten getötet, weitere 35 Soldaten seien verletzt worden.
       Sarkissjan sagte bei einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache nicht, ob
       es sich bei den Opfern um Angehörige der regulären Streitkräfte oder um
       Mitglieder von Truppen aus Berg-Karabach handelte, das von Eriwan
       unterstützt wird.
       
       Laut Verteidigungsministerium in Baku töteten armenische Einheiten zwölf
       aserbaidschanische Soldaten und schossen einen Hubschrauber ab.
       Aserbaidschan hatte zudem angegeben, die eigenen Streitkräfte hätten mehr
       als hundert armenische Soldaten getötet sowie sechs Panzer und 15
       Artillerieeinheiten zerstört. Das armenische Verteidigungsministerium wies
       dies als „offensichtliche Desinformation“ zurück.
       
       Nach Angaben des von Armenien unterstützten Verteidigungsministeriums in
       Karabach wurde beim Beschuss armenischer Dörfer in der umstrittenen Region
       durch aserbaidschanische Artillerie ein zwölfjähriger Junge getötet. Baku
       meldete einen getöteten Zivilisten auf aserbaidschanischer Seite.
       
       ## Viele Mahnungen zur Zurückhaltung
       
       Ban ließ erklären, er sei „besonders besorgt über den Einsatz schwerer
       Waffen und die hohe Opferzahl“. Der UN-Generalsekretär rief alle
       Beteiligten auf, „den Kämpfen ein sofortiges Ende zu setzen, die
       Waffenstillstandsvereinbarung vollständig zu respektieren und sofortige
       Schritte zur Deeskalation der Situation zu unternehmen“.
       
       Auch der russische Präsident Wladimir Putin appellierte an die beiden
       ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan, Zurückhaltung zu
       üben, um weitere Opfer zu vermeiden. Der russische Verteidigungsminister
       Sergej Schoigu und Außenminister Sergej Lawrow telefonierten mit ihren
       aserbaidschanischen und armenischen Kollegen.
       
       US-Außenminister John Kerry forderte in einer Erklärung von Armenien und
       Aserbaidschan, „sich strikt an die Waffenruhe zu halten“. Die „instabile
       Lage vor Ort“ zeige, warum die Beteiligten sofort in einen umfassenden
       Verhandlungsprozess für eine Beilegung des Konflikts treten müssten, der
       unter der Federführung der sogenannten Minsker Gruppe der Organisation für
       Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stehen solle.
       
       Steinmeier rief – auch im Namen des deutschen OSZE-Vorsitzes – dazu auf,
       „die Kampfhandlungen unverzüglich einzustellen und den Waffenstillstand in
       vollem Umfang zu respektieren“. Laut Auswärtigem Amt telefonierte
       Steinmeier mit seinen Kollegen in beiden Ländern. Auch die
       EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, der Generalsekretär des Europarats,
       Thorbjörn Jagland, und Frankreichs Staatschef François Hollande riefen zur
       Deeskalation auf.
       
       ## Noch kein Friedensvertrag
       
       Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten
       seit vielen Jahren um die Region Berg-Karabach. Proarmenische Rebellen
       hatten das mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnte Gebiet, das zu
       Sowjetzeiten Aserbaidschan zugeschlagen worden war, Ende der 80er Jahre mit
       Eriwans Unterstützung unter ihre Kontrolle gebracht.
       
       Im Zuge eines jahrelangen Kriegs wurden hunderttausende Menschen aus beiden
       Ländern vertrieben und schätzungsweise 30.000 Menschen getötet. Im Jahr
       1994 wurde ein Waffenstillstand vereinbart, einen Friedensvertrag gibt es
       aber bis heute nicht. International wird Berg-Karabach weiterhin als Teil
       Aserbaidschans angesehen, Armenien erkennt dies aber nicht an.
       
       Das erdölreiche Aserbaidschan, dessen Verteidigungsbudget bisweilen höher
       war als Armeniens gesamter Staatshaushalt, drohte wiederholt damit,
       Berg-Karabach zurückzuerobern, sollten internationale Bemühungen zur Lösung
       des Konflikts zu keinem Ergebnis führen. Das von Moskau unterstützte
       Armenien versichert, es könne jeder Offensive standhalten.
       
       3 Apr 2016
       
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