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       # taz.de -- Letztes Spiel von Kobe Bryant: Überragender Punktegarant
       
       > Kobe Bryant spielt für die Los Angeles Lakers die letzte Partie seiner
       > einzigartigen Karriere. Mit ihm geht ein Spielertyp, den es kaum noch
       > gibt.
       
   IMG Bild: Schwitzen bis zum Ende: Kobe Bryant beim Spiel am vergangenen Montag
       
       „Ich freue mich schon, bei seinem Abschied dabei zu sein. Es wird ein
       unvergesslicher Moment“, sagt Shaquille O’Neal. Wenn Mittwoch Kobe Bryant
       im heimischen Staples Center von Los Angeles gegen die Utah Jazz das letzte
       Spiel seiner großen Karriere für die Lakers absolviert, wird der ganze
       Abend im Zeichen des 37-Jährigen stehen – wie eigentlich auch schon die
       ganze Saison. Der beste Spieler seiner Generation, der überragende Akteur
       der Ära nach Überspieler Michael Jordan, beendet seine Laufbahn.
       
       „Es war, als hätte ich mich von einer riesigen Last befreit“, sagt Bryant
       über seine Rücktrittsankündigung. „Es war einfach die richtige
       Entscheidung.“ Ticketpreise schossen in die Höhe, wann immer Bryant mit den
       Lakers zum letzten Mal in einer gegnerischen Halle gastierte. Für das
       letzte Spiel heute Abend werden Tickets für die besseren Plätze für Summen
       zwischen 700 und 30.000 US-Dollar gehandelt.
       
       Am 29. November, wenige Wochen nach Saisonstart, kündigte Bryant sein
       Karriereende an. „Dieses Jahr ist das letzte, das ich dem Basketball geben
       kann“, erklärte er in einem ergreifenden Gedicht im Fachmagazin Player’s
       Tribune. Sportlich war Bryant 2016 nach mehreren schweren Verletzungen in
       den letzten Jahren längst nur noch ein Schatten großer Tage – nur noch 16,9
       Punkte pro Spiel erzielte er in dieser Saison, sein Karriereschnitt liegt
       bei 25.
       
       Seine Lakers führte „Kobe“ zu fünf Meisterschaften – drei davon zur
       Jahrtausendwende im Duo mit O’Neal. Zwei olympische Goldmedaillen gewann
       der 1,98-Meter-Mann mit der US-Auswahl, dazu unzählige individuelle
       Auszeichnungen und Ehrungen. „Es ist ernüchternd“, seufzt Dirk Nowitzki.
       „Immer mehr dieser Krieger aus den Neunzigern verschwinden aus der Liga.
       Für uns alle geht es ganz deutlich immer mehr dem Ende zu. Das ist einfach
       traurig.“
       
       ## Unfassbare 81 Punkte
       
       Mit Bryant hört auch der letzte Shooting Guard alter Prägung auf: stark im
       Zug zum Korb, mit dem Gedanken meist eher beim eigenen Wurf denn beim Pass
       zum Mitspieler. Über die komplette Laufbahn gab es daher auch stets Kritik
       an Bryants Spiel. Zu eigensinnig sei er, vertraue seinen Mitspielern zu
       wenig. „Ich stehe am Ende lieber mit null Treffern bei 30 Versuchen als mit
       null Treffern bei neun Versuchen da“, bekannte er einst.
       
       Längst Geschichte in Zeiten von Alleskönnern wie LeBron James, Russell
       Westbrook oder Draymond Green, die mit ihrem vielseitigen Spiel die Grenzen
       zwischen den verschiedenen Positionen verwischen. Einzig James Harden von
       den Houston Rockets ist noch ein ähnlicher Spielertyp. Bryant war indes
       längst kein eindimensionaler Akteur, auch im Pass und in der Defensive
       stark. Zuallererst aber doch immer: ein Punktegarant. Am 22. Januar 2006
       [1][erzielte Bryant 81 Punkte gegen die Toronto Raptors], eine für den
       heutigen Basketball kaum fassbare Marke. Einzig Liga-Ikone Wilt Chamberlain
       war 1962 mit 100 Zählern erfolgreicher.
       
       Erst vor wenigen Tagen blitzte im Spiel gegen Houston der Bryant von früher
       auf. „Eigentlich sollte ich das besser gar nicht mehr machen“, erklärte die
       Lakers-Legende kopfschüttelnd. „Aber ich mache es eben doch.“ Gerade hatte
       er noch einmal 35 Punkte erzielt.
       
       ## Motivation aus Vorschusslorbeeren
       
       „Fans schauen auf deine Titel und denken ‚Was für ein großartiger
       Spieler‘“, sagte NBA-Grande Jerry West kürzlich vor Bryants letzter Partie
       bei den Golden State Warriors, „aber ich bin mir nicht sicher, dass sie
       auch wirklich diesen unglaublichen Antrieb verstehen, der dich zu dem
       gemacht hat, der du heute bist.“ Jener Antrieb, der über zwei Jahrzehnte
       NBA Kobe Bryant eine ganz eigene Aura verlieh. West – selbst ein legendärer
       Lakers-Spieler – hatte 1996 als Manager des Klubs den damals 17-Jährigen
       nach Kalifornien geholt.
       
       Viele Spieler bekamen schon das Label „nächster Jordan“ aufgedrückt und
       wurden den Erwartungen nicht gerecht – Bryant dagegen zog Motivation aus
       den Vorschusslorbeeren. Mit Erfolg: Kein Spieler der Basketball-Geschichte
       kam dem großen „MJ“ in Charakter und Spielweise so nahe. „Kobe, du warst
       für mich immer wie ein kleiner Bruder“, bekannte Jordan.
       
       Bryant forderte wie Jordan stets Menschenunmögliches von sich und seinen
       Teamkollegen. Der große Trainer Phil Jackson – der schon mit Jordan bei den
       Chicago Bulls sechs Meistertitel gewann – bezeichnete ihn mal als
       „untrainierbar“. Vor wenigen Monaten noch kanzelte der damals verletzte
       [2][Bryant als Gast bei Late-Night-Talker Jimmy Kimmel] seine jungen
       Mitspieler nach Sichtung eines Einspielers mit verächtlichem Blick ab – sie
       hatten einen der seltenen Siege zu sehr gefeiert. „Die Fackel wird nicht
       einfach weitergereicht“, sagte er über mögliche Nachfolger im Lakers-Kader
       – 2015/16 war die schlechteste Klubsaison, das Team das zweitschlechteste
       der Liga. „Man muss sie sich verdienen.“
       
       „Ich erwarte, dass du in deinem letzten Spiel 50 Punkte machst“, ließ
       O’Neal Bryant wissen. Zuzutrauen wäre es ihm.
       
       13 Apr 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=FeXZY4eVLlo
   DIR [2] http://www.youtube.com/watch?v=eX3wAZ0yr7w
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Digili
       
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