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       # taz.de -- Abtreibungsrecht weltweit: Die Verteidigung der Samenzelle
       
       > Die Katholische Kirche in Polen will die Abtreibungsgesetze verschärfen.
       > Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ist weltweit bedroht.
       
   IMG Bild: Tausende demonstrieren gegen die restriktiven Abtreibungsgesetze in Polen
       
       Im Sommer 2015 wurde einem paraguayischen Mädchen, das im Alter von 10
       Jahren von seinem Stiefvater vergewaltigt wurde, die Abtreibung verboten.
       Gesetz, Regierung und Kirche erlauben sie nicht. Auch nicht, wenn das Leben
       der Mutter in Gefahr ist, sie vergewaltigt wurde oder selbst noch ein Kind
       ist. Ach, das primitive Lateinamerika. Im Westen schütteln wir den Kopf und
       klopfen uns auf die Schulter, weil wir in Sachen sexueller Selbstbestimmung
       so unglaublich weit sind.
       
       Leider arbeiten aber auch bei uns religiöse und konservative Kräfte daran,
       bei Frauenrechten kräftig zurückzurudern. In unserem Nachbarland Polen wird
       darüber diskutiert, ein absolutes Abtreibungsverbot einzuführen. Bisher
       dürfen Frauen gnädigerweise die Schwangerschaft noch abbrechen, wenn sie
       vergewaltigt wurden oder ihr eigenes Leben in Gefahr ist.
       
       Dass es ein absolutes Verbot bereits in Malta gibt und Frauen dort mit bis
       zu drei Jahren Haft bestraft werden, wenn sie dagegen verstoßen, wissen
       wenige. Nicht viel besser sieht es in Irland aus. Und auch in Deutschland
       ist Abtreibung eine Straftat, die nur durch die Gnade des Staates innerhalb
       der ersten drei Schwangerschaftsmonate nicht bestraft wird. Das alles
       übrigens, obwohl das Europäische Parlament 2015 den Tarabella-Bericht
       verabschiedet hat, der den Zugang zu Abtreibung als Grundrecht definiert.
       Ebenso wie die UN-Menschenrechtscharta.
       
       Und in den USA? Im Jahr 2015 haben 16 der 50 US-Staaten insgesamt 47 neue
       Abtreibungsgesetze erlassen, die unter anderem zur Schließung von Dutzenden
       Abtreibungskliniken in Texas und Louisiana geführt haben. Im selben Jahr
       wurde die US-Amerikanerin Purvi Patel zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil
       sie nach der im Bundesstaat Indiana vorgeschriebenen 20-Wochen-Frist
       abgetrieben hatte. Sie sitzt immer noch im Gefängnis.
       
       ## 47.000 Frauen sterben jährlich durch illegale Abtreibung
       
       Nun also Polen, wo sich die Bischofskonferenz ein Abtreibungsgesetz
       wünscht, das restriktiver ist als das von Brasilien oder Iran. Die
       Argumentationslinie: Sowohl eine Samenzelle als auch ein Fötus hat ein
       größeres Lebensrecht als eine Frau.
       
       Dass nach Schätzung der WHO jährlich 47.000 Frauen durch die Folgen einer
       illegalen Abtreibung sterben, beeindruckt die internationalen
       „Lebensschützer“ wenig; dass das alles nichts mit christlicher
       Nächstenliebe zu tun hat, sieht zumindest Papst Franziskus ein, der für
       2016 das Jahr der Versöhnung ausrief, in dem er allen Priestern erlaubt,
       die normalerweise automatisch zur Exkommunikation führende Sünde der
       Abtreibung zu verzeihen. Nett von ihm. Aber wo bleibt seine Ansage an
       Polen? Und wo bleibt unsere?
       
       6 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Morgane Llanque
       
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