# taz.de -- Kommentar Beleidigung von Staatschefs: Ein unnötiger alter Zopf
> Der Paragraf zur Beleidigung von ausländischen Staatschefs gehört
> abgeschafft, denn er ist überflüssig. Und belastet die Regierung unnötig.
IMG Bild: Ist schon als Privatperson vor Beleidigung geschützt: der türkische Präsident Erdoğan
Politiker müssen im öffentlichen Meinungskampf mehr aushalten als normale
Bürger, sagt das Bundesverfassungsgericht. Dazu passt nicht, dass es im
Strafgesetzbuch einen Paragrafen gibt, der die Beleidigung von
ausländischen Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern besonders unter
Strafe stellt. Dieser Paragraf 103 sollte deshalb, wie von der SPD
vorgeschlagen, baldmöglichst abgeschafft werden.
Faktisch würde sich dadurch aber nicht viel ändern. Denn die einfache
Beleidigung bleibt ja strafbar (Paragraf 185), und auf dieses
strafrechtliche Verbot kann sich natürlich auch der türkische Präsident
Recep Tayyip Erdoğan berufen.
Die Rechtsprobleme sind bei beiden Delikten dieselben: Wie weit geht die
Kunstfreiheit? Wo beginnt die Menschenwürde? Kann nun jeder hetzen, wie er
will, wenn er nur behauptet, damit die Rechtslage erklären zu wollen? Gilt
das dann auch für Pegida oder nur für Jan Böhmermann? Dass die Beleidigung
eines ausländischen Staatschefs schwere politische Folgen haben kann, muss
nicht durch einen eigenen Paragrafen ausgedrückt werden. Dies kann bei
einer Verurteilung wegen einfacher Beleidigung auch in der Höhe des
Strafmaßes berücksichtigt werden.
Eine Abschaffung von Paragraf 103 würde vor allem die Bundesregierung
entlasten. Sie müsste nicht mehr entscheiden, ob sie ein derartiges
Strafverfahren „ermächtigt“. Gerade daraus wird heute ja eine Staatsaffäre;
die Notwendigkeit der Ermächtigung ist also eher kontraproduktiv.
Außerdem ist die Ermächtigung doppelt verzichtbar. Schließlich könnte die
Regierung ein Strafverfahren eh nicht verhindern, weil der Betroffene als
Privatperson ja auch einen Strafantrag wegen einfacher Beleidigung stellen
kann.
Und bei völlig abwegigen Strafanträgen (zum Beispiel gegen berechtigte
Kritik) würde die Staatsanwaltschaft einfach mal kein Verfahren eröffnen.
13 Apr 2016
## AUTOREN
DIR Christian Rath
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