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       # taz.de -- Europaweite Vorratsdatenspeicherung: Flugdaten werden gespeichert
       
       > Fünf Jahre lang werden die Daten aller Fluggäste bei internationalen
       > Flügen künftig anlasslos aufbewahrt. Das Europäische Parlament stimmte
       > jetzt zu.
       
   IMG Bild: Pro Fluggast und Flug sollen 19 Angaben gespeichert werden
       
       Die EU führt eine europaweite Vorratsdatenspeicherung für Fluggastdaten
       ein. Das EU-Parlament stimmte am Donnerstag dem seit 2007 diskutierten
       Projekt mit großer Mehrheit zu. Die EU-Richtlinie muss nun binnen zwei
       Jahren in deutsches Recht umgesetzt werden.
       
       Pro Fluggast und Flug sollen 19 Angaben gespeichert werden, zum Beispiel
       Reiseziel, Reisepartner, Zahlungsmittel und Sonderwünsche beim Essen. Die
       Daten werden fünf Jahre gespeichert. Nach 30 Tagen werden persönliche Daten
       zwar pseudonymisiert, sie können bei Bedarf aber wieder erkennbar gemacht
       werden.
       
       Die Daten werden in jedem EU-Staat in einer Zentralstelle gespeichert und
       ausgewertet. Auch eine Weitergabe an andere EU-Staaten und Europol ist
       möglich. EU-weit soll das Speichersystem rund 500 Millionen Euro kosten.
       
       Alle Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die anlasslose Massenspeicherung
       für Flüge aus der EU hinaus und in die EU hinein durchzuführen. Dagegen
       können die Staaten selbst entscheiden, ob sie das System auch für Flüge
       zwischen den EU-Staaten anwenden. In Deutschland ist noch offen, ob man
       diese Option zu noch mehr Speicherung nutzen will.
       
       ## Identifizierung auch von bisher Unbekannten
       
       Der Datenspeicher darf genutzt werden für die Bekämpfung von Terrorismus
       und schwerer grenzüberschreitender Kriminalität. Hierzu gehören unter
       anderem Drogenhandel, Kinderpornografie und der Handel mit bedrohten
       Tierarten. Die Speicherung soll helfen, nachträglich die Flugreisewege von
       Straftätern aufzuklären. Außerdem sollen auch bisher unbekannte Verdächtige
       identifiziert werden. Wer sich ähnlich verhält wie bekannte Terroristen,
       wird vom Computer markiert und dann von den Sicherheitsbehörden „genauer
       überprüft“.
       
       Die Fluggastdaten-Speicherung geht deutlich über die
       Vorratsdatenspeicherung bei Telefon- und Internetdaten hinaus. So werden
       Flugdaten fünf Jahre gespeichert, Telekomdaten nur zehn Wochen. Flugdaten
       werden zentral beim Staat aufbewahrt, Telekomdaten dezentral bei den
       Firmen. Flugdaten werden aktiv ausgewertet, Telekomdaten nur bei Bedarf
       abgefragt. Es spricht deshalb viel dafür, dass das Bundesverfassungsgericht
       oder der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Fluggastdatenspeicherung
       beanstanden werden.
       
       Beim EuGH ist schon ein Verfahren zu Fluggastdaten anhängig. Es geht um ein
       Abkommen, das die Speicherung der Daten von EU-Kanada-Flügen in Kanada
       regelt. Das Europäische Parlament hat beim EuGH ein Gutachten angefordert,
       nachdem dieser im April 2014 die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von
       Telekom-Daten für unverhältnismäßig und nichtig erklärte.
       
       Das Parlament wollte nun aber nicht auf das EuGH-Gutachten warten. Denn in
       einem Paket wurde die neue Massenspeicherung nun gemeinsam mit der eher
       erfreulichen Datenschutz-Grundverordnung beschlossen. Außerdem hatten die
       EU-Innenminister das Parlament nach den Anschlägen von Paris und Brüssel
       massiv unter Druck gesetzt, endlich der Fluggastdatenspeicherung
       zuzustimmen – obwohl Flugdaten dabei gar keine Rolle spielten.
       
       14 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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