URI: 
       # taz.de -- Eishockey: Underdogs auf Kufen
       
       > Angesichts des merkwürdigen Rufs, den sie geradezu kultivieren, wirkt der
       > sportliche Erfolg der Grizzlys Wolfsburg umso überraschender
       
   IMG Bild: Gehen nach eigenen Angaben den Gegnern auf den Sack: Grizzlys Wolfsburg, hier in orange.
       
       Wolfsburg taz | Sie nehmen sich das genau so vor. Unbequem, aggressiv, zur
       Not auch furchtbar defensiv: Das Team der Grizzlys Wolfsburg hat seine
       Rolle als Spielverderber und Außenseiter im deutschen Eishockey in den
       vergangenen Jahren nahezu perfektioniert. „Unser Markenzeichen“ formuliert
       Manager Karl-Heinz Fliegauf so: „Wir gehen dem Gegner auf den Sack.“ Trotz
       eher durchschnittlicher Möglichkeiten hat sich der Verein zu einer festen
       Größe in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gemausert. Dass die Grizzlys
       bundesweit noch wenig bekannt sind und in diesen Tagen trotzdem die Chance
       haben, deutscher Meister zu werden, gefällt ihnen richtig gut: Nicht das
       Schlechteste, als Verein nicht ernst genommen zu werden – und auf dem Eis
       unterschätzt.
       
       Eine DEL-Finalserie kann eine ziemlich zähe Angelegenheit sein. Im Duell
       mit dem EHC München geht es für die Wolfsburger nun schon seit Freitag
       darum, wer zuerst vier von bis zu sieben Begegnungen gewinnt. Zum Auftakt
       hatten sich die Grizzlys beim hohen Favoriten in München tüchtig gewehrt
       und erst mit 1:2 nach Verlängerung verloren. Am Sonntag dann reichte es
       wieder nur zu einem 4:5 gegen die Bayern.Eher nur eine kleine Chance zu
       haben und um diese dann umso energischer zu kämpfen: Diese schöne
       Geschichte vom aufmüpfigen Puck-Standort passt perfekt zu den Wolfsburgern.
       
       Echte Stars sind in ihren Reihen nicht zu finden. Die Medien wiederum
       greifen gerne auf, dass es dem Verein auch gleich an Charme mangele. Zu
       wenig Zuschauer, zu spröde, und dann auch noch abhängig vom
       Volkswagen-Konzern: Die Grizzlys kennen all diese Vorurteile schon seit
       Jahren. Ihre Antwort darauf lautet: konstanter Erfolg. Sie haben in den
       vergangenen sechs Jahren fünfmal das Halbfinale erreicht, sind 2011
       Vizemeister geworden. Wolfsburg ist seit 2007 fester Bestandteil der DEL,
       während sich ihr früherer Nachbar, die Hannover Scorpions, nicht in der
       höchsten deutschen Spielklasse halten konnte – aus finanziellen Gründen.
       Irgendetwas müssen Fliegauf und Cheftrainer Pavel Gross sehr gut machen –
       vor allem bei der Auswahl von Spielern, die Lust darauf haben, beruflicher
       Außenseiter zu sein.
       
       Aus minimalen Möglichkeiten das Maximale herauszuholen: Eigentlich klappt
       ein solcher Ansatz im bezahlten Sport nur ein bis zwei Spielzeiten lang. In
       Wolfsburg aber hat sich diese Philosophie derart grundlegend verfestigt,
       dass so mancher Profi gezielt danach sucht und gerne ein Teil der Grizzlys
       sein möchte.
       
       „Glamour? Das sind wir nicht, und den wollen wir auch nicht haben. Wir sind
       hier eine Arbeiterstadt“, betont Fliegauf, der künftig selbst noch ein
       wenig härter wird schuften dürfen: Vor dem Hintergrund der
       Volkswagen-Abgasaffäre steht den Grizzlys eine Budgetkürzung durch ihren
       Hauptsponsor Skoda bevor. Der bisherige Saisonetat – rund sieben Millionen
       Euro – soll aber, so hofft es wenigstens Wolfsburgs Manager, „ein
       verträgliches Maß“ behalten. Man könnte das auch so betrachten: Die
       Kufen-Cracks aus der Autostadt werden angesichts der beschlossenen
       Sparmaßnahmen gezwungen, ihrem Kurs umso treuer zu bleiben.
       
       Zugegeben: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre aktuelle Saison voller
       Schwankungen mit dem ganz großen Triumph beenden, ist ziemlich gering. Der
       EHC München gilt als Krösus der Liga und möchte sich dafür revanchieren,
       dass er von den frechen Niedersachsen im Vorjahr schon im Viertelfinale der
       Play-offs gestoppt worden war. Die Wolfsburger standen in der laufenden
       Saison aber auch schon ganz am Ende der Tabelle. Sie waren von der
       Nachricht, dass ihr Gesamtbudget abgetaut wird, nicht gerade begeistert.
       Und sie haben sich erst spät für die Play-offs qualifiziert.
       
       Na und? Dass sie trotzdem im Finale stehen, ist typisch. „Wir sind noch
       nicht am Ende unserer Reise“, glaubt Cheftrainer Gross. Noch bleiben ein
       paar Chancen, beim Gegner so richtig unbeliebt zu sein.
       
       17 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Otto
       
       ## TAGS
       
   DIR Eishockey
   DIR Wolfsburg
   DIR München
   DIR Eishockey
   DIR Eishockey
   DIR Eishockey
   DIR Eishockey
   DIR Eisbären Berlin
   DIR Freezers
   DIR Eishockey
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Hannoversche Eishockey-Rivalität: Zoff auf Kufen
       
       In der Region Hannover gibt es zwei ambitionierte Eishockey-Clubs.
       „Indians“ und „Scorpions“ und ihre Fans hassen einander mit großer
       Begeisterung.
       
   DIR Wolfsburg Grizzlys bleiben sich treu: Leider wieder nur moralischer Sieger
       
       Die Wolfsburg Grizzlys ärgern auch mit gekürztem Budget die Großen des
       Eishockeys. Diese Saison war wieder erst im Finale gegen Serienmeister
       München Schluss
       
   DIR Eishockey in Wolfsburg: Meister der Maloche
       
       Die Grizzlys Wolfsburg mussten den Etat vor der Saison drastisch senken.
       Trotzdem stehen sie wieder im Finale um die Meisterschaft.
       
   DIR Sportvorschau Mai: Schöne Schlacke
       
       Die Monatsvorschau für Mai: Die Kalabums-Rückwärtsrolle, Kloppos
       Böhmermannismus und ein haariger Zugang beim FC Bayern.
       
   DIR Mutterland des Eishockeys in der Krise: No Canada!
       
       In der NHL beginnen die Playoffs – und das ohne kanadische Beteiligung. Das
       ist ein nationales Desaster. Das Land macht sich Sorgen.
       
   DIR Die Berliner Eisbären in den Playoffs: Jedes Spiel ein Endspiel
       
       Coach Uwe Krupp hat die Eisbären nach zwei glücklosen Jahren wieder in die
       Spur gebracht: Am Dienstag beginnen die Playoffs, sogar die Meisterschaft
       scheint möglich.
       
   DIR Freezers-Sieg nützt wenig: Knirschen auf dem Eis
       
       Hamburg Freezers spielen in der laufenden DEL-Saison nur tristes Mittelmaß.
       Daran ändert auch ein 3:0-Sieg gegen den Lieblingsgegner Schwenningen
       wenig.
       
   DIR Eishockey in Timmendorf: Wo der Videowürfel eine Discokugel ist
       
       Der einzige Eishockey-Club Schleswig-Holsteins muss in der Oberliga um den
       Klassenerhalt kämpfen und das in einer völlig veralteten Halle.