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       # taz.de -- NRW gegen das Prostituiertenschutzgesetz: Ist lustloser Sex schon Prostitution?
       
       > NRW hat viel Kritik an dem neuen Gesetz zum Schutz von Prostituierten und
       > will im Bundesrat zahlreiche Änderungsanträge einreichen.
       
   IMG Bild: Ist das Prostitution? Sicher sein kann man sich nie
       
       Berlin taz | Angenommen, eine Kroatin möchte in Berlin, Düsseldorf oder
       Hamburg als Prostituierte arbeiten. Dafür muss sie sich künftig anmelden
       und sich gesundheitlich beraten lassen. Sie sieht es das sogenannte
       Prostituiertenschutzgesetz vor, das 2017 in Kraft treten soll.
       
       Und angenommen, die Sachbearbeiterin im Amt, wo Anmeldung und Beratung
       stattfinden sollen, nimmt die Sache tatsächlich so ernst, wie sich Union
       und SPD das mit dem Gesetz wünschen – dann hätte die Beamtin jede Menge
       Probleme.
       
       Sie bräuchte zum Beispiel eine Dolmetscherin, wenn sie selbst kein
       Kroatisch und die andere kein Deutsch spricht. Sie bräuchte Zeit, denn so
       ein Gespräch kann dauern. Schließlich soll die Beamte so viel Vertrauen
       aufbauen, dass die Frau sich als Zwangsprostituierte zu erkennen gibt,
       falls sie tatsächlich eine ist. Und die Sachbearbeiterin bräuchte so etwas
       wie eine soziokulturelle Ausbildung, denn es könnten zahlreiche kulturelle
       Missverständnisse zwischen den beiden Frauen lauern.
       
       Wer soll das leisten? Wer soll das bezahlen? Wir können das jedenfalls
       nicht, wehren sich Länder und Kommunen gegen das Bundesgesetz, das massive
       Auswirkungen auf den Behördenalltag vor Ort hat. So enthält das Gesetz
       allein über 30 neue Verwaltungsvorgaben, die die Länder und Kommunen
       umsetzen sollen.
       
       ## NRW will das Gesetz kippen
       
       In Nordrhein-Westfalen ist die Kritik am Gesetz so heftig, dass das Land
       zahlreiche Änderungsanträge einreichen will, wenn das
       Prostituiertenschutzgesetz am 13. Mai im Bundesrat behandelt wird. Das hat
       die taz aus internen Kreisen erfahren. Neben der Anmelde- und
       Beratungspflicht will NRW auch die Kondompflicht für Freier kippen.
       Letztere hält Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) ohnehin für
       „jenseits jeglicher Realität“. Fragwürdig sei zudem die Gesetzesdefinition
       für „sexuelle Dienstleistungen“: Darunter könnte jetzt sogar der lustlose,
       aber dankbare Beischlaf mit dem Partner fallen, weil der den Urlaub
       bezahlt.
       
       Ob die Länder etwas gegen das Gesetz ausrichten können, ist allerdings
       unklar. Die Bundesregierung sieht es als nicht zustimmungspflichtig an, NRW
       dagegen schon. So rechnet das Flächenland mit zweistelligen
       Millionenbeträgen, die Anmeldung, Beratung und Kontrolle jährlich kosten
       würden. Für sie Grund genug, um das Gesetz wenigstens in Teilen abmildern
       zu wollen. Andererseits dürften hohe Kosten fürs Sexgewerbe angesichts
       knapper Kassen schwer zu vermitteln sein.
       
       19 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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