# taz.de -- Streit über Flüchtlingsunterkünfte: Der Ton wird schärfer
> Initiative will Verkauf von Grundstücken für Unterkünfte verhindern und
> droht mit Milliarden-Schadenersatzforderungen. Senat bleibt entschlossen.
IMG Bild: Soll kleiner werden, aber nicht feiner: Erstaufnahme für Flüchtlinge in Neugraben
Die Stadt soll keine weiteren Flächen für den Bau von
Flüchtlingsunterkünften verkaufen. Das fordert die Volksinitiative „Hamburg
für gute Integration“ (siehe Kasten). Diese Verkäufe könnten „zu
Schadenersatzforderungen gegenüber der Stadt in Milliardenhöhe“ führen,
sagt der Sprecher der Initiative, Klaus Schomacker. Deshalb solle die
Kommission für Bodenordnung, über die solche Verkäufe städtischer Flächen
abgewickelt werden, bei ihrer Sitzung am morgigen Donnerstag keiner der
angeblich acht auf der Tagesordnung stehenden Transaktionen zustimmen,
fordert Schomacker.
Die Kommission, deren Mitglieder von Senat, Bürgerschaft und den sieben
Bezirksversammlungen gewählt werden, entscheidet auf Vorlage der Finanz-
oder der Stadtentwicklungsbehörde über Ankauf, Verkauf oder Verpachtung von
Grundstücken und tagt grundsätzlich vertraulich. Derzeit ist sie
vornehmlich damit beschäftigt, 16 städtische Grundstücke für die Errichtung
von Flüchtlingsunterkünften zu veräußern. Als Käufer kommen Saga/GWG,
Baugenossenschaften, Fördern & Wohnen sowie private Interessenten in
Betracht.
Konkret wurden in diesem Jahr nach Informationen der taz bereits fünf
Flächen veräußert, drei weitere stehen kurzfristig zum Verkauf: an den
Straßen Suurheid in Rissen sowie Rehagen und Glashütter Landstraße in
Hummelsbüttel. Das sind die „acht“ Flächen, von denen Schomacker spricht –
ohne zu wissen, dass in der Mehrzahl der Fälle die Kommission dem
zweckgebundenen Verkauf bereits zugestimmt hat. Die neuen Eigentümer sollen
dort in kürzester Zeit Expresswohnungen für Flüchtlinge errichten.
Eben das wurmt die Initiative, die nur eine Unterkunft pro Quadratkilometer
mit höchstens 300 Bewohnern dulden will. Schomacker fordert deshalb – nach
eigenen Angaben „wütend“ – von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), „den
Verkauf sofort zu stoppen“. Wenn die Initiative mit einem Volksentscheid
erfolgreich sei, woran Schomacker nicht zweifelt, „muss alles
rückabgewickelt werden“. Für etwaige Schadenersatzforderungen der dann
enteigneten Eigentümer werde sich Scholz „persönlich und politisch
verantworten“ müssen.
Rot-grüne Kreise nehmen Schomackers Wutausbruch „gelassen“ zur Kenntnis.
Während der laufenden Verhandlungen mit der Initiative über mögliche
Abstriche bei der Größe der geplanten Unterkünfte gebe es „keinen
Baustopp“, sagt ein führender Koalitionsvertreter. Die Stadt habe das
Recht, die Pläne weiter umzusetzen, was angesichts der Flüchtlingszahlen
auch notwendig sei. Gegenüber der Initiative indes „gibt es keine
Friedenspflicht“.
20 Apr 2016
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DIR Sven-Michael Veit
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