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       # taz.de -- Theo Zwanziger gewinnt gegen Katar: Stammplatz vor Gericht
       
       > Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger darf Katar als Krebsgeschwür des
       > Weltfußballs bezeichnen. Weitere Ermittlungen und eine Klage laufen.
       
   IMG Bild: „Ich hatte mit nichts anderem gerechnet“: Theo Zwanziger
       
       Düsseldorf taz | Theo Zwanziger nahm den Erfolg zunächst gelassen hin. „Ich
       hatte mit nichts anderem gerechnet“, sagte der ehemalige Präsident des
       Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Er hatte zu Hause in Altendiez telefonisch
       davon erfahren, dass er vor dem Landgericht Düsseldorf den Prozess gegen
       den Fußballverband Katars gewann.
       
       Er darf demnach weiterhin behaupten, dass die Entscheidung für den
       Wüstenstaat als Gastgeber der Weltmeisterschaft 2022 das „Krebsgeschwür des
       Weltfußballs“ sei. Zwar räumte die 6. Zivilkammer ein, dass Zwanziger
       dadurch ein „beleidigendes Werturteil“ abgegeben habe. Das Gericht stellte
       das Recht auf freie Meinungsäußerung aber über das Recht der persönliche
       Ehre, das der katarische Verband als verletzt angesehen hatte.
       
       „Es war eine deutliche Kritik, die aber möglich sein muss, wenn es um einen
       Skandal solcher Dimension geht“, sagte der 70 Jahre alte Zwanziger, der für
       den DFB im Exekutivkomitee des Weltverbandes Fifa saß, als er die
       umstrittene Aussage tätigte. Gelassen blieb Zwanziger dann aber nicht mehr.
       „Das Land ist halb so groß wie Hessen, da herrscht eine unglaubliche Hitze,
       Reisen sind kaum zumutbar, die Menschenrechte werden mit Füßen getreten.
       Dort eine WM auszutragen, ist ein Witz. Ich bin enttäuscht, dass alle
       Funktionäre, auch beim DFB, das als gottgegeben hinnehmen.“
       
       Schon in der kommenden Woche wird Zwanziger erneut als Beklagter in einem
       Prozess vertreten sein. Günter Netzer bezichtigt ihn einer Lüge. Er wird
       deshalb vor dem Landgericht Köln ab 27. April gegen Zwanziger vorgehen. Der
       Angeklagte hatte behauptet, dass Netzer ihm 2012 bei einem Treffen am
       Flughafen Zürich gestanden habe, Stimmen der asiatischen Exekutivmitglieder
       seien für die WM-Vergabe an Deutschland gekauft gewesen.
       
       Netzer war Mitglied im Aufsichtsrat des WM-Organisationskomitees, dem auch
       Franz Beckenbauer, Zwanziger und dessen Nachfolger als DFB-Präsident, der
       inzwischen zurückgetretene Wolfgang Niersbach, angehörten. Der frühere
       Nationalspieler hatte Zwanziger im vergangenen Oktober aufgefordert, die
       Behauptung zu unterlassen. Der streitbare Jurist lehnte brüsk ab.
       
       ## „Ich bin in allen Sachen guten Mutes“
       
       Nachdem die Klage eingegangen war, legte Zwanziger nach. Elvira Netzer, die
       Ehefrau des Weltmeisters von 1974, solle „ruhig den Meineid schwören.
       Netzer geht ein hohes Risiko ein.“ Günter Netzer führt seine Gattin als
       Zeugin auf. Sie sei während des gesamten Gesprächs dabei gewesen. Zwanziger
       beharrt darauf, dass sie den Tisch zwischenzeitlich verlassen habe und die
       Aussage dann gefallen sei.
       
       „Ich bin in allen Sachen guten Mutes“, sagte Zwanziger auch mit Blick auf
       die Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft, die gegen ihn wegen
       des Verdachts auf „Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall“
       ein Verfahren eröffnete. Dabei geht es hauptsächlich um die ominöse Zahlung
       von 6,7 Millionen Euro des DFB an eine Firma in Katar, hinter der
       vermutlich der zwielichtige Funktionär Mohamed Bin Hammam steckte.
       
       In der Urteilsbegründung nutzte die Kammer des Landgerichts Düsseldorf am
       Dienstag auch den Begriff der Schmähkritik, der in der Auseinandersetzung
       zwischen dem Fernsehmoderator und Satiriker Jan Böhmermann und dem
       türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan eine Rolle spielt. „Wir
       sehen es nicht als eine solche an“, sagte ein Richter. „Scharfe Aussagen“,
       wie sie von Zwanziger getätigt wurden, seien erlaubt, weil es in einer
       Demokratieansonsten zu einer „Lähmung des Meinungsbildungsprozesses“ kommen
       könne.
       
       Der Fußballverband Katars, vertreten durch den ehemaligen bayrischen
       Minister Peter Gauweiler, kann nun Berufung einlegen. Gauweiler hatte dies
       für den Fall einer Niederlage bereits angekündigt.
       
       19 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marcus Bark
       
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