# taz.de -- Kostenfreie Kita für alle: Kita-Trägern bleiben nur Drohgebärden
> Die Wohlfahrtsverbände fühlen sich beim Thema Gratis-Kita von der
> Koalition übergangen. Der Gesetzentwurf sei „handwerklich schlecht
> gemacht“.
IMG Bild: Hallo, ist da jemand? Die Koalition will die Betreuungssituation in den Berliner Kitas verbessern.
Es klingt ein bisschen wie eine Drohung, was Maria Lingens von der
Arbeiterwohlfahrt (AWO) da am Donnerstag beim Pressegespräch erläutert:
Bisher, sagt die Fachreferentin Kita bei dem Wohlfahrtsverband, habe man ja
stets „in Partnerschaft“ mit Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) den
Kitaplatzausbau vorangebracht. Bisher – nun fühle man sich allerdings von
der Koalition beim Thema beitragsfreie Kita schlicht „vor vollendete
Tatsachen gestellt“. Die AWO und andere freie Träger betreiben in Berlin
mehr als Dreiviertel aller Kitaplätze – ihr Wort wird also in der
Senatsverwaltung durchaus gehört.
Hintergrund für den Zwist ist der Gesetzesentwurf der Koalition zur
Gratis-Kita, der zugleich auch Verbesserungen beim Personalschlüssel
vorsieht. Im Parlament beriet am Donnerstag der Bildungsausschuss über die
Vorlage – doch AWO, Diakonie und Co. sind sauer, weil sie zuvor von der
Koalition nicht in die Beratungen über den Gesetzesentwurf einbezogen
wurden.
60 Millionen Euro will die Koalition in mehr ErzieherInnen investieren.
Damit soll künftig bei den unter Dreijährigen jede ErzieherIn ein Kind
weniger zu betreuen haben. Bisher sind es im Schnitt 5,8 Krippenkinder –
schlechter sind die Bedingungen nur in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. 40
Millionen Euro sind 2016 außerdem für die wegfallenden Elternbeiträge
vorgesehen, die bisher noch für Kinder unter drei Jahren fällig werden. Nun
wird die Krippe zunächst für die Zweijährigen kostenlos, bis 2018 dann auch
für die Kleinsten.
Grundsätzlich seien das ja alles gute Nachrichten, sagt Martin Hoyer,
stellvertretender Geschäftsführer beim Paritätischen Wohlfahrtsverband
Berlin – aber die Verbesserungen beim Personalschlüssel: zu langsam. Der
Gesetzentwurf sieht einen „Stufenplan“ bis 2019 vor, die Verbände wollen
schon ein Jahr früher am Ziel sein. Die Gebührenfreiheit, die vor allem
SPD-Fraktionschef Raed Saleh voran- und damit Jugendsenatorin Scheeres vor
sich her getrieben hatte: Schöne Sache, aber eigentlich nicht an der Reihe.
Eine dringlichere Aufgabe sei es, Kita-Leitungen schon ab 80 Kindern von
der Arbeit in den Gruppen freizustellen. Bisher ist das erst bei Kitas ab
120 Kindern der Fall. Man merke eben, dass man wichtige Gesprächspartner
außen vor gelassen habe, sagt Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und
Schülerläden. „Dieser Gesetzesentwurf ist handwerklich einfach schlecht
gemacht.“
7 Apr 2016
## AUTOREN
DIR Anna Klöpper
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