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       # taz.de -- Mögliches Bootsunglück im Mittelmeer: Bis zu 400 Tote befürchtet
       
       > Bei einem Schiffsunglück im Mittelmeer sollen bis zu 400 Menschen ums
       > Leben gekommen sein. Noch gibt es aber keine Bestätigung für das
       > Ereignis.
       
   IMG Bild: Das mögliche Bootsunglück im Mittelmeer könnte eines der schlimmsten der letzten Jahre sein (Symbolbild)
       
       Rom taz | Womöglich 400 Tote hat eine neue Tragödie im Mittelmeer
       gefordert, deren Umrisse und Dynamik bis zum Montagnachmittag jedoch noch
       unklar blieben. Der [1][arabische Dienst des BBC] hatte am Montag eine
       erste Meldung der Katastrophe verbreitet. Demnach waren vier Boote von der
       ägyptischen Küste aus mit Ziel Italien in See gestochen. Alle vier Boote
       seien jedoch gekentert.
       
       Der Meldung zufolge sollen vor allem Somalier, Eritreer und Äthiopier an
       Bord gewesen sein. Nur etwa 30 Personen seien gerettet worden.
       Befürchtungen, dass es bis zu 400 Tote gegeben habe, habe auch der
       somalische Botschafter in Ägypten geäußert. Zudem habe ein
       BBC-Korrespondent in Kenia mit den Verwandten von drei jungen Somaliern
       gesprochen, denen zufolge die drei unter den Opfern waren.
       
       Mit großer Zurückhaltung äußerten sich zunächst Vertreter Italiens zu der
       Meldung, auch wenn Staatspräsident Sergio Mattarella „angesichts der
       erneuten Tragödie, die Hunderte Opfer forderte“, zum „Nachdenken“
       aufforderte. Außenminister Paolo Gentiloni dagegen erklärte vorerst nur,
       Italien sei bemüht, „vor allem von den ägyptischen Behörden weitere
       Informationen zu erhalten“.
       
       Die Schuldigen hatte dagegen Matteo Salvini, Chef der
       rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega Nord, umgehend ausgemacht.
       „Weiteres Blut, das auf dem Gewissen der Menschhändler lastet“, verkündete
       er, „weiteres Blut, das auf dem Gewissen der angeblich guten Politiker
       lastet, die Komplizen der Invasion sind“.
       
       ## Italien hebt Wrack von früherem Unglück
       
       Sollte sich die Meldung bestätigen, dann hat diese Katastrophe auf den Tag
       genau ein Jahr nach der bisher größten Flüchtlingstragödie im Mittelmeer
       stattgefunden. Am 18. April ertranken in der Straße von Sizilien, 90
       Seemeilen von der libyschen Küste entfernt, zwischen 700 und 900 Menschen.
       Von dem nur 30 Meter langen Kahn war wegen Manövrierproblemen ein Notruf an
       die italienische Küstenwache abgesetzt worden, die ihrerseits einen
       portugiesischen Frachter alarmiert hatte.
       
       Als der sich dem havarierten Schiff näherte, drängten offenbar die Menschen
       an Bord alle auf eine Seite. Daraufhin kenterte das Schiff und sank binnen
       weniger Minuten. Nur 28 Menschen wurden damals gerettet.
       
       Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hatte seinerzeit erklärt, die Opfer
       dürften nicht namenlos bleiben, und versprach ihre Bergung, auch wenn das
       Schiffswrack in 400 Meter Tiefe liegt. Genau zu dem tristen Jahrestag
       machten sich am Montag italienische Einheiten auf, um mit der Hebung des
       Wracks und der Bergung der Opfer zu beginnen. Mit DNA-Analysen will Italien
       im zweiten Schritt die Identität möglichst vieler Toter feststellen.
       
       „Europa versagt auf dem Mittelmeer“, erklärte der SPD-Bundestagsabgeordnete
       Lars Castellucci angesichts der neuen Katastrophenmeldung. Es sei „eine
       Schande, dass es bis heute kein europäisches Seenotrettungsprogramm gibt,
       mit dem das Massensterben verhindert werden kann“. Angesichts der
       Schließung der Balkanroute sei es absehbar gewesen, dass die Flüchtlinge
       wieder den Weg über das Meer suchen würden.
       
       18 Apr 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bbc.com/arabic/worldnews/2016/04/160417_somali_migrants_drowned
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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