URI: 
       # taz.de -- Berliner Handballerinnen fehlt Geld: Raus aus der Bundesliga
       
       > Sponsoren und Fans interessiert Frauenhandball in Berlin nicht. Das
       > Füchseteam zieht sich deshalb aus der höchsten deutschen Klasse zurück.
       
   IMG Bild: Ausgeworfen: In der Bundesliga kommt Christine Beier für die Füchse nicht mehr zum Einsatz
       
       Berlin taz | Am Ende waren es 100.000 Euro, die fehlten. So sagt es
       zumindest Britta Lorenz, Managerin des Frauenhandballteams Füchse Berlin.
       100.000 Euro, um in der Frauenhandballliga HBF zu bleiben, um nicht von der
       Landkarte des Leistungssports zu verschwinden. Es wären eher 350.000 Euro
       gewesen, sagt Bob Hanning, Manager des Männerteams der Füchse und
       omnipräsenter wie umstrittener DHB-Vizepräsident. „Um professionelle
       Strukturen aufzubauen, wäre das die einzig sinnvolle Lösung gewesen.“ Das
       Geld jedenfalls, darin sind sie sich einig, fehlte.
       
       Schon im März hatten die Handballerinnen der Füchse Berlin bekanntgegeben,
       dass sie sich aus finanziellen Gründen zurückziehen werden. Nun bestreiten
       sie ihre letzten Spiele in der HBF. Freiwillig gehen sie in die Dritte
       Liga. „Wir sind unendlich traurig über das Aus“, sagt Lorenz. Wirklich
       überraschend kam es nicht: Bei einem Etat von 250.000 Euro musste jede
       Unwägbarkeit die Füchsinnen vor große Probleme stellen. Ihr Scheitern
       beschreibt aber ganz gut die Situation im Frauenhandball.
       
       Wer unbedarft einen Blick auf die Tabelle der HBF wirft, glaubt sich auf
       einer Liste Deutschlands schönster Dörfer: Metzingen, Bietigheim und
       Buxtehude reihen sich an Blomberg-Lippe, Bad Wildungen und
       Rosengarten-Buchholz. Berlin wirkt fremd in dieser Liste. „In der Provinz“,
       sagt Britta Lorenz, „hätten wir es leichter gehabt.“ Das liegt nicht an
       ihrer Sportart: Die Männerabteilung der Füchse Berlin, deren erste
       Mannschaft ebenfalls in der Bundesliga spielt, hat einen Etat von rund 5,3
       Millionen Euro und einen Zuschauerschnitt von 8.000 Leuten, einen der
       höchsten in Deutschland – die Mannschaft kommt prima klar in Berlin.
       
       Bei den Füchse-Frauen hingegen verlaufen sich im Schnitt 500 Menschen.
       „Frauenhandball hat einen geringeren Stellenwert“, sagt Britta Lorenz.
       Frauenhandball findet erfolgreich nur in Orten statt, wo nicht viel anderes
       los ist. „Und, wo es keinen Männersport gibt“, sagt Lorenz.
       
       2014 stiegen die Füchse-Frauen in die Erste Liga auf. Da hatten sie schon
       mehrere Namenswechsel, zahllose Auf- und Abstiege und eine ziemlich kurz
       währende Spielgemeinschaft mit dem SV Berliner VG hinter sich. „Nur weil
       wir sie unter unseren Hut genommen haben, war es überhaupt möglich, dass
       sie Erste Liga spielen“, sagt Bob Hanning. Der Männermanager rühmt sich
       gern seiner Basisarbeit. Dieser Tage betont er sehr laut sein Engagement
       für die Frauen. Auch für ihn ist das Aus keine gute PR: Dass die
       Frauenabteilung der renommierten Füchse Berlin an 100.000 Euro zerbricht,
       wirft Fragen auf, wie viel die Handballerinnen dem Verein wirklich wert
       waren. „Ich lasse mir nicht den Schwarzen Peter zuschieben, wir hätten die
       Frauen hängen lassen“, so Hanning. Ohnehin sei die Kritik verlogen. „Wenn
       die Frauen spielen, berichtet die Presse nie. Aber jetzt, wo wir sie
       abmelden, jammert ihr alle.“ Eines will er bekräftigen: „An mir lag es
       nicht.“
       
       ## „Das Problem ist Berlin“, sagt Bob Hanning
       
       Auch Britta Lorenz hält sich zurück mit Kritik. Sie könne die Männer
       verstehen, sagt sie. „Die spielen selbst ohne Hauptsponsor, die haben es
       auch nicht leicht.“ Sie sagt aber auch: „Wir haben nie einen Cent von der
       Männerabteilung gesehen.“ Bob Hanning widerspricht: Mit Sportkleidung habe
       man die Frauen unterstützt, mit Sponsoren, mit der Buchhaltung. Mehr sei
       wirtschaftlich nicht möglich gewesen. „Es wird immer von Gender geredet,
       aber Fakt ist, dass Frauenhandball nicht interessant ist für Sponsoren. Es
       gibt kein Zuschauerinteresse, damit konnten wir keine Gelder generieren.
       Wir hätten auch das Männerprojekt gefährdet.“ Welche Relevanz hat die
       Frauenmannschaft für ihn? „Überhaupt keine mehr. Solange sich niemand dafür
       interessiert, hat das keinen Sinn.“
       
       Auch das Frauennationalteam ist beim Akquirieren von Sponsoren keine
       sonderliche Hilfe, denn anders als bei den Herren, bei denen hin und wieder
       ein EM- oder WM-Titel einen Minihype auslöst, dümpeln die Damen ziemlich
       erfolglos vor sich hin. Als im April Michael Biegler als neuer
       Nationaltrainer verpflichtet wurde, verstieg sich Bob Hanning gar zu der
       Aussage, dies sei „die letzte Chance“ für den Frauenhandball. „Wenn das
       nicht funktioniert, kann man die Tür abschließen.“
       
       Er habe das tatsächlich so gemeint, sagt Hanning heute: „Nur mit der WM im
       eigenen Land könnte es gelingen, professionelle Strukturen zu schaffen und
       Nachwuchs zu gewinnen.“ 2017 ist es so weit. Doch selbst ein WM-Sieg,
       glaubt Hanning, werde das Problem der Füchse-Frauen nicht lösen. „Das
       Problem ist Berlin.“
       
       Britta Lorenz ist realistisch genug, um zu wissen, dass es vorbei ist. „Wir
       haben bis zum Schluss gekämpft“, sagt sie. Doch bei der Situation vor Ort
       sei es „fast aussichtslos“, erst- oder zweitklassigen Frauenhandball zu
       spielen. Die Füchsinnen wollen sich jetzt auf Nachwuchsprojekte
       konzentrieren, leistungsorientierten Breitensport. Mehr sei nicht drin,
       auch weil die Förderung fehle. „Mir leuchtet nicht ein, warum männliche
       Profiteams, die sowieso schon gut dastehen, Zuschüsse bekommen, Frauenteams
       aber nicht.“
       
       29 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
       ## TAGS
       
   DIR Füchse Berlin
   DIR Handball-EM
   DIR Handball-Bundesliga
   DIR Handball
   DIR Frauen-Handball
   DIR Fußball
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Handball-WM der Frauen: In Richtung Weltspitze
       
       Im Dezember richtet Deutschland die Frauen-Weltmeisterschaft im Handball
       aus. Die Entwicklung des deutschen Teams ist konstant gut.
       
   DIR 32. Spieltag Fußball-Bundesliga: Bayern noch immer nicht Meister
       
       Eintracht Frankfurt stemmt sich gegen den Abstieg, genauso wie Hoffenheim.
       Dortmund holt drei Punkte gegen Wolfsburg.
       
   DIR Sportbekleidung: Handballerin darf mit Kopftuch spielen
       
       Die Mädchenmannschaft des Wuppertaler SV erkämpft beim Handballverband das
       Recht, mit Kopftuch zu spielen. Ein Schiedsrichter hatte sie zunächst vom
       Platz gestellt.