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       # taz.de -- Ukrainische Staatsfirma: Atomkonzern mit Geldschwierigkeiten
       
       > Weil Energoatom kein Geld mehr hat, könnten Brennelemente knapp werden.
       > Der Konflikt mit Russland wird schärfer.
       
   IMG Bild: Energoatom fehlt das Geld
       
       Kiew taz | Der ukrainische Staatskonzern Energoatom, alleiniger Betreiber
       aller Atomkraftwerke in der Ukraine, steckt in Finanznöten. Die ukrainische
       Staatskasse musste für den Konzern kurzfristig einen Kredit von 1,2
       Millionen Euro an die europäische Atomversorgungsagentur Euratom bedienen,
       weil sich der Konzern dazu wegen seiner eingefrorenen Konten nicht in der
       Lage sah. Die Gelder waren Energoatom für Sicherheitsmaßnahmen in zwei
       Atomreaktoren zur Verfügung gestellt worden.
       
       Euratom ist nicht der einzige Geschäftspartner der ukrainischen Energoatom,
       der über deren schlechte Zahlungsmoral klagt. Auch die russische
       Atomwirtschaft sieht seit Wochen kein Geld ihres ukrainischen Partners.
       Russland ist der größte Partner der ukrainischen Atomwirtschaft. 90 Prozent
       der nuklearen Brennstäbe erhält die Ukraine aus Russland. Russland entsorgt
       den ukrainischen Atommüll – für 200 Millionen Euro im Jahr.
       
       Hintergrund der Zahlungsunfähigkeit von Energoatom ist ein mehrjähriger
       Rechtsstreit mit einer anderen ukrainischen Firma, Ukrelektrowat. In diesem
       Zusammenhang war Energoatom im August 2011 zu einer Zahlung von knapp 5
       Millionen Euro verurteilt worden, doch das Unternehmen erkennt diese
       Schulden nicht an und bezahlt nicht. In der Folge wurden im Februar dieses
       Jahres Konten und Gelder von Energoatom durch das Finanzministerium
       eingefroren.
       
       „Schon jetzt gibt es erste Verzögerungen bei der Anlieferung von
       Brennstäben aus Russland“, erklärte Alexej Lytsch, Vorsitzender der
       Gewerkschaft der bei Energoatom beschäftigten Mitarbeiter, gegenüber der
       taz. „Russland ist hart und stellt sich auf die Position: kein Geld, keine
       Brennstäbe.“
       
       Ökologische Folgen der Zahlungsunfähigkeit seien nicht zu befürchten, so
       Lytsch, wohl aber wirtschaftliche. Einige Reaktoren, die derzeit wegen
       Reparaturarbeiten vom Netz genommen worden seien, würden wegen der
       wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Atomkonzerns später als geplant ans
       Netz gehen. „Die Rechnung werden am Ende Steuerzahler und Verbraucher
       bezahlen müssen“, so der Gewerkschafter.
       
       Für Mai ist die nächste Lieferung abgebrannter Brennstäbe nach Russland
       geplant. Russland könnte allerdings die Entgegennahme verweigern oder
       hinauszögern, sollte die Ukraine nicht rechtzeitig in Vorkasse treten, ließ
       der russische Atomkonzern Rosatom verlauten.
       
       28 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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