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       # taz.de -- Steuerhinterziehung von Banken: Das Geld zirkuliert am Staat vorbei
       
       > Die Commerzbank und weitere Banken sollen Wolfgang Schäuble um Milliarden
       > Einnahmen gebracht haben. „Dividendenstripping“ heißt der Trick.
       
   IMG Bild: Banken hinter Gitter – nicht wirklich
       
       Hamburg taz | Wie spart ein ausländischer Commerzbank-Kunde Millionen? Der
       Trick heißt „Dividendenstripping“ und ist bei sogenannten
       Cum-Cum-Geschäften ganz einfach. Ausgerechnet die teilverstaatlichte
       Commerzbank soll den Fiskus durch solch fragwürdige Aktiengeschäfte über
       Jahre hinweg um Abermillionen Euro gebracht haben.
       
       [1][Nach einer Recherche des Bayerischen Rundfunks zusammen mit dem
       Handelsblatt,] der Washington Post und einem New Yorker Recherchebüro
       ermöglichte das Institut offenbar ausländischen Anlegern so, die
       Kapitalertragsteuer in Deutschland zu vermeiden. Der Trick funktioniert
       folgendermaßen: Einmal im Jahr schütten deutsche Konzerne eine Dividende
       aus. Ausländische Aktionäre müssen darauf eine Kapitalertragsteuer von 15
       Prozent zahlen.
       
       Um das zu vermeiden, verleihen sie ihre Aktien am Tag vor dem
       Dividendenstichtag beispielsweise an eine deutsche Bank. Kurz nach dem
       Dividendenstichtag wandern die Aktien wieder zurück an den Eigentümer im
       Ausland.
       
       Zwar muss auch die deutsche Bank theoretisch eine ausgezahlte Dividende
       versteuern – aber das Einkommensteuerrecht erlaubt es ihr, sie
       steuermindernd anzurechnen oder sich vom Finanzamt erstatten zu lassen. Aus
       Transaktionsprotokollen, E-Mails und Gesprächsnotizen soll hervorgehen,
       dass auch andere namhafte Banken wie Goldman Sachs, Citigroup und Deutsche
       Bank ein solches Vorgehen unterstützten. Bundesfinanzminister Wolfgang
       Schäuble sollen so seit 2011 rund 5 Milliarden Euro entgangen sein.
       
       Bis 2012 waren auch die komplizierteren Cum-Ex-Geschäfte möglich. In der
       Börsenpraxis geht es dabei um Ver- und Rückkauf von Aktien mit (lateinisch
       „cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch. Um eine Doppelbesteuerung zu
       vermeiden, können Banken Steuergutschriften ausstellen. Schließlich stammt
       die Dividende schon aus einem versteuerten Gewinn.
       
       ## Cum-Cum-Geschäfte
       
       Da Ausländer nicht dem deutschen Steuerrecht unterliegen, nützt ihnen diese
       Gutschrift aber nichts: Deshalb verkauft der Ausländer seine deutschen
       Aktien vor dem Ausschüttungstag an einen Inländer. Der vereinnahmt die
       Dividende nebst Steuergutschrift und verkauft die Aktien danach zurück an
       den Ausländer – zu einem Kurs, bei dem beide Seiten gewinnen.
       
       Im Unterschied zu Cum-Cum-Deals kann ein Karussell aus Käufen und Verkäufen
       zudem zur mehrfachen Erstattung von nur einmal abgeführter
       Kapitalertragssteuer führen. Der Fiskus geht auch hier leer aus.
       
       Betroffene Banken halten die Cum-Cum-Steuervermeidung für legal. Alle
       Aktiengeschäfte „stehen im Einklang mit dem geltenden Recht“, verteidigt
       sich die Commerzbank. Der Bund hatte das Institut in der Finanzkrise
       gerettet und ist noch mit mehr als 15 Prozent an ihr beteiligt. Zwei
       Vertreter sitzen im Aufsichtsrat.
       
       Illegal ist das Geschäft nach Auffassung von Juristen aber spätestens, wenn
       die Transaktion am Dividendentag mehrfach wiederholt wurde. Die
       Bundesregierung arbeitet laut dem Bundesfinanzministeriums an einer
       Gesetzesänderung, die das Schlupfloch rückwirkend zu Jahresbeginn stopfen
       soll.
       
       3 May 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.br.de/nachrichten/br-recherche/commerzbank-steuervermeidung-aktien-pressemitteilung-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
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