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       # taz.de -- Personalratswahlen bei der Bundeswehr: Zweifel an der Unabhängigkeit
       
       > Ergriff das Verteidigungsministerium vor den Personalratswahlen
       > unzulässig Partei für eine Gewerkschaft? Nein, sagt die Ministerin.
       
   IMG Bild: Am Montag beginnen die Personalratswahlen bei der Bundeswehr
       
       Berlin taz | Zoff in der Bundeswehr: Vor den Personalratswahlen in der
       Armee, die am Montag beginnen, musste sich Verteidigungsministerin Ursula
       von der Leyen mit dem Vorwurf der Wahlbeeinflussung herumschlagen. Wörtlich
       sprach eine Bundeswehr-Gewerkschaft von einer „offenkundig vorliegenden
       Einflussnahme auf das Wahlverhalten der Beschäftigten“.
       
       Anlass für den Vorwurf war ein Interview, das die Bundeswehr Ende April auf
       ihrer Homepage veröffentlichte. Gesprächspartner: André Wüstner. Er ist
       Chef des Deutschen Bundeswehrverbandes (DBwV), der größten
       Interessenvertretung deutscher Armeeangehöriger. Im Interview durfte der
       Oberstleutnant auf die Frage antworten, warum „die Bundeswehrangehörigen
       ihre Stimme den Kandidaten des Deutschen Bundeswehrverbandes geben“
       sollten.
       
       Für Wolfram Kamm ist das „an Dreistigkeit nicht zu überbieten“. Kamm ist
       Chef des Verbandes der Beamten der Bundeswehr (VBB), der ebenfalls bei den
       Personalratswahlen antritt, aber zunächst nicht per Interview auf der
       Bundeswehr-Homepage werben durfte. In einem Beschwerdebrief an von der
       Leyen schrieb er daher, es entstehe der Eindruck, das Ministerium gebe
       „eine Wahlempfehlung für den DBwV“ ab.
       
       Eine empfindliche Reaktion mit Vorgeschichte: Der DBwV vertrat über
       Jahrzehnte nur die Interessen von Soldaten, nimmt seit dem Jahr 2005 aber
       auch Zivilbeschäftige und Beamte der Bundeswehr auf. Seitdem muss der
       Beamtenverband VBB also mit dem Soldatenverband DBwV um Mitglieder
       konkurrieren – und das in Zeiten, in denen die Armee ohnehin Personal
       abbaut.
       
       ## „Symbiotische Beziehung“
       
       Der Konkurrenzkampf könnte auch erklären, warum VBB-Chef Kamm nach dem
       umstrittenen Interview auch den DBwV selbst attackiert. Ihm zufolge erweckt
       der Vorgang den Eindruck, dass Verband und Ministerium in einer
       „symbiotischen Beziehung“ steckten. „Wir üben häufiger mal Kritik an
       Entscheidungen des Ministeriums als manch anderer. Ich will den Kollegen
       nichts unterstellen, habe aber hin und wieder meine Zweifel an der
       Unabhängigkeit des DBwV“, sagte Kamm der taz.
       
       Diesen Vorwurf weist wiederum der Konkurrenzverband zurück. „Wir haben gute
       Kontakte zum Ministerium und in manchen Bereichen durchaus übereinstimmende
       Interessen – beispielsweise, wenn es darum geht, den Dienst attraktiver zu
       gestalten. Uns daraus einen Vorwurf zu machen, ist absurd. Das Ministerium
       ist nicht der Feind der Menschen in der Bundeswehr“, sagte ein Sprecher des
       DBwV.
       
       Auch habe das Interview nichts mit Wahlwerbung zu tun: Die Macher der
       Bundeswehr-Homepage hätten sich schon vor geraumer Zeit um ein Gespräch mit
       dem Verbandschef bemüht. Dass der Termin nach langer Suche in die Zeit vor
       der Personalratswahl fiel, sei Zufall.
       
       Viel Aufregung um nichts also? Zumindest im Verteidigungsministerium sah
       man die Angelegenheit weniger gelassen. Als von der Leyen den
       Beschwerdebrief des VBB erhielt, beauftragte sie ihren Staatssekretär Gerd
       Hoofe mit der Angelegenheit. Dieser rief bei Kamm an und äußerte sein
       Bedauern: Die Veröffentlichung des Gesprächs sei von oben weder genehmigt
       noch gebilligt gewesen.
       
       ## Kein Kommentar
       
       Das berichtet zumindest der VBB. Das Ministerium will das Telefonat nicht
       kommentieren, beteuert aber, „unter strikter Wahrung der bestehen
       Neutralitätsverpflichtung“ mit allen Verbänden „gleichermaßen
       vertrauensvoll“ zusammenzuarbeiten.
       
       Deshalb erging ein Befehl aus dem Ministerium: Die Bundeswehr-Redaktion
       musste das umstrittene Interview löschen und dafür drei andere Gespräche
       veröffentlichen – mit Vertretern der übrigen Verbände, die an der Wahl
       teilnehmen. So durfte schließlich auch Beamtenvertreter Kamm auf
       [1][Bundeswehr.de] für seinen Verband werben.
       
       Allerdings nur eine halbe Woche lang: Am Wochenende gingen auch die neuen
       Interviews wieder offline. Länger als das Gespräch mit DBwV-Chef Wüstner
       durften sie nicht im Netz stehen. Wahlbeeinflussung will sich das
       Ministerium eben nicht noch einmal vorwerfen lassen.
       
       9 May 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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