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       # taz.de -- Anschlag und Proteste in Bagdad: Demonstranten stürmen Parlament
       
       > Ein neuer Anlauf zur Bildung einer Expertenregierung ist gescheitert. Bei
       > einem schweren Anschlag kommen Dutzende Schiiten ums Leben.
       
   IMG Bild: Die Protestierenden im Parlamentsgebäude in Bagdad
       
       Bagdad afp | Die politische Krise im Irak hat sich am Samstag gefährlich
       zugespitzt: Wütende Demonstranten stürmten das Parlament in Bagdad, nachdem
       dort ein neuer Vorschlag für eine Expertenregierung abgelehnt worden war,
       wie ein AFP-Reporter berichtete. Friedliche Demonstranten bemühten sich,
       Verwüstungen und Plünderungen zu verhindern.
       
       Tausende aufgebrachte Menschen waren zuvor in die stark gesicherte „Grüne
       Zone“ von Bagdad eingedrungen, in der neben dem Parlament auch der
       Regierungssitz und zahlreiche Botschaften liegen. „Ihr bleibt nicht hier!
       Das ist euer letzter Tag in der ‚Grünen Zone‘“, rief ein Demonstrant den
       verschreckten Parlamentariern entgegen.
       
       Die Protestierenden blockierten einen Ausgang des Regierungsviertels mit
       Stacheldraht und hinderten Abgeordnete so, vor dem Chaos zu fliehen.
       Mehrere Wagen, in denen Abgeordnete vermutet wurden, wurden attackiert.
       
       Zu den Anführern der Proteste gehört der einflussreiche schiitische
       Geistliche Moktada al-Sadr. Er hatte am Samstagvormittag bei einem Auftritt
       in der heiligen Stadt Nadschaf den politischen Stillstand im Land
       verurteilt, aber nicht zum Eindringen in die „Grüne Zone“ aufgerufen.
       
       ## IS will Anschlag verübt haben
       
       Das Land ist seit Monaten politisch gelähmt. Angesichts von Massenprotesten
       und immer lauteren Reformforderungen versucht Ministerpräsident Haidar
       al-Abadi seit Wochen, sein Regierungsteam durch ein neues Kabinett aus
       Experten zu ersetzen, die nicht nach konfessionellen oder parteilichen
       Kriterien ausgewählt werden. Mehrere Parteien wollen das verhindern, weil
       sie dann die Kontrolle über wichtige Ministerien verlieren würden.
       
       Erst am Dienstag war es im Parlament zu Tumulten gekommen. Aufgebrachte
       Abgeordnete hatten Al-Abadi mit Wasserflaschen beworfen und auch
       Parlamentspräsident Salim al-Dschuburi am Reden gehindert, wodurch eine
       Abstimmung über die Kabinettsliste unmöglich geworden war.
       
       Bei einem Bombenanschlag auf schiitische Pilger nahe Bagdads wurden
       unterdessen am Samstag mindestens 23 Menschen getötet. Mindestens 38
       weitere Menschen seien verletzt worden, als eine Autobombe auf einer Straße
       detonierte, auf der Pilger zu einem bedeutenden schiitischen Schrein
       unterwegs waren, teilten die Behörden mit.
       
       Zu dem Schrein des Imams Musa Kadhim im Norden der Hauptstadt pilgern
       alljährlich zahlreiche schiitische Muslime. Die Zeremonie entwickelte sich
       in den vergangenen Jahren zu einer Großveranstaltung, die Bagdad für
       mehrere Tage lahmlegte. Auch im vergangenen Jahr hatte es bei der
       Pilgerreise Angriffe auf Gläubige gegeben. Zu dem Anschlag vom Samstag
       bekannte sich zunächst niemand. Regelmäßig verübt die sunnitische
       Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) Anschläge auf Schiiten im Irak.
       
       30 Apr 2016
       
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