# taz.de -- Reaktionen TTIP-Leaks: Die SPD geht vorsichtig auf Distanz
> Wirtschaftsminister Gabriel setzt weiter auf eine Einigung bei TTIP. Doch
> in der SPD wird die Kritik lauter, führende Genossen äußern sich
> skeptisch.
IMG Bild: Totale Transparenz: Im Glaskasten vor dem Brandenburger Tor erhält jeder Einblick in die TTIP-Verhandlungen
Berlin taz | Es klang nach einem großen Erfolg, was
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel vergangenen Oktober im Bundestag
verkündete. Zusammen mit seinem französischen Pendant habe er „ein paar
Dinge durchgesetzt“, berichtet der SPD-Chef stolz. Und zwar unter anderem,
„dass es im TTIP keine privaten Schiedsgerichte geben wird“. Doch diese
Ankündigung war offenbar etwas verfrüht.
Denn die USA, das zeigen die am Montag veröffentlichen TTIP-Papiere, haben
es bisher noch nicht einmal für nötig befunden, über den Wunsch der
Europäischen Union zu reden, dass Schiedsverfahren, in denen Konzerne gegen
staatliche Regeln klagen können, öffentlich sein müssen und eine
Berufungsinstanz brauchen. Diese Aspekte seien „nicht angeschnitten
worden“, schreibt die EU in einer internen Zusammenfassung des
Verhandlungsstands.
Dass Gabriel bei seiner Aussage gelogen hat, weist das
Wirtschaftsministerium allerdings zurück. „Der Minister hat deutlich
gemacht, dass es ein Abkommen, das private Schiedsgerichte enthält, nicht
geben wird“, so Ministeriumssprecherin Beate Braams auf taz-Anfrage. Auch
das Vorsorgeprinzip, das Verbote auch ohne wissenschaftlichen Nachweis von
Schäden ermögliche, müsse bestehen bleiben.
Ansonsten bemüht sich Gabriels Ministerium, die Relevanz der
veröffentlichten Papiere herunterzuspielen. „Forderungen sind keine
Ergebnisse“, so Braams.
## Skepsis gegenüber Gabriel
Aus Gabriels Partei kamen am Montag deutlich schärfere Positionen. Am
weitesten ging Matthias Miersch, Sprecher der parlamentarischen Linken der
SPD, der einen Abbruch der TTIP-Verhandlungen forderte. „Ich sehe in dieser
Situation keine Grundlage mehr, um neues Vertrauen aufzubauen“, sagte
Miersch zu dpa. „Unter solchen Bedingungen macht es keinen Sinn, weiter zu
verhandeln.“
Auch SPD-Generalsekretärin Katharina Barley ging deutlich auf Distanz. „Ich
bin inzwischen relativ skeptisch“, sagte sie auf die Frage nach den
Erfolgschancen für TTIP. Vor allem bei den Schiedsgerichten gebe es auf
Seiten der USA keine Bewegung.
Selbst SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, bisher ein glühender
TTIP-Befürworter, äußerte sich am Montag ungewohnt kritisch. „Es kann für
TTIP keinen Freifahrschein geben“, erklärte er. Und: „Die jetzt bekannt
gewordenen Forderungen sind nicht akzeptabel.“
Auch vom Koalitionspartner kommen gemischte Signale. Während
CDU-Generalsekretär Peter Tauber erklärte, er sehe in den
Veröffentlichungen „nichts bahnbrechend Neues“, äußerte sich
CSU-Agrarminister Christian Schmidt kritisch. „Wir haben sensible Bereiche,
und dazu gehört die Lebensmittelsicherheit bei uns, die für uns in diesem
Sinne nicht verhandelbar ist“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk.
## Opposition: Neuauflage
Klarer fiel in Berlin am Montag die Reaktion der Opposition aus: Linke und
Grünen sehen sich durch die Veröffentlichung der Verhandlungspapiere in
ihrer Kritik an TTIP klar bestätigt. „Diese Verhandlungen müssen gestoppt
werden“, erklärte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge. „Es
braucht einen Neustart, eine öffentliche Debatte als Grundlage für eine
Neuausrichtung europäischer Handelspolitik.“
Für die Linke erklärte Fraktionsvize Klaus Ernst: „Die EU-Kommission
handelt gegen das Interesse der Bevölkerung und stellt das Vorsorgeprinzip
zur Disposition.“ Er forderte Konsequenzen nicht nur für TTIP, sondern auch
für das mit Kanada geplante Ceta-Abkommen. Für beide Abkommen erwarte er
von der SPD „Ehrlichkeit und eine klare Absage“.
2 May 2016
## AUTOREN
DIR Malte Kreutzfeldt
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