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       # taz.de -- E-Autorennen: Senat fördert das Rasen
       
       > Wenn Elektroautos mit 220 Sachen durch die Innenstadt rasen, sieht der
       > Senat darin ein Zeichen für die Zukunft. Grüne und Anwohner stöhnen.
       
   IMG Bild: Seit Wochen wird an der Karl-Marx-Allee für E-Autorennen gewerkelt
       
       Vom Strausberger Platz mit dem Rad Richtung Alex fahren ist zur Zeit kein
       Spaß. Seit Wochen geht es nur im Schneckentempo, zum Teil ohne Radweg und
       vor ästhetisch zweifelhafter Betonkulisse vorwärts. Der Grund: Kommenden
       Samstag sollen in einem Rennen der Formel E Elektroautos mit 220 Sachen die
       Karl-Marx-Allee rauf und runter rasen. Der Senat will mit dem Autorennen
       mitten in der Stadt ein Zeichen für die Zukunftsträchtigkeit der
       Elektromobilität setzen. „Das völlig Falsche“, wettern die Grünen.
       „Verkehrstechnischer Irrsinn“, schimpfen Anwohner.
       
       Die 2014 begründete Formel E will zeigen, dass Motorsport auch ohne
       Verbrennungsmotoren Spaß macht. Ein Ersatz für die Formel 1, bei der pro
       Auto schon mal 100 Liter Kraftstoff pro Stunde nebst entsprechenden
       Schadstoffen verblasen werden, kann und will das Rennen aber nicht sein –
       so die Veranstalter. Das erste Deutschlandrennen fand im vorigen Jahr vor
       dem Terminal des früheren Tempelhofer Flughafens statt. Weil dort
       inzwischen Tausende Flüchtlinge untergebracht sind, drohte das
       Hauptstadtrennen Anfang des Jahres ganz zu kippen.
       
       Die jetzige Rennstrecke mit Teilen der Karl-Marx-Allee und Lichtenberger
       Straße liegt auf dem Terrain der Bezirke Mitte und
       Friedrichshain-Kreuzberg. „Beide Bezirksbürgermeister haben sich
       entschieden gegen das Rennen auf dieser Strecke ausgesprochen, aber der
       Senat hat das einfach über unsere Köpfe hinweg durchgedrückt“, beschwert
       sich Monika Herrmann (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von
       Friedrichshain-Kreuzberg, gegenüber der taz.
       
       Im März fiel die Entscheidung für die Strecke, und die ansonsten eher für
       Überlastung bekannte Verkehrslenkung Berlin war plötzlich ganz fix. „Auf
       die Bearbeitung von Anträgen zu Fahrradstrecken warten wir zum Teil seit
       vier Jahren, da sieht man die Priorität der Senatsverwaltung“, so Herrmann,
       die das Rennen lieber auf dem Brandenburger Lausitzring oder der Avus
       gesehen hätte. Einen sechsstelligen Betrag soll der Veranstalter in die
       Sanierung der Straßen gesteckt haben. Die Radwege blieben von dieser
       Finanzspritze allerdings unberührt, so Herrmann.
       
       ## Förderung der E-Mobilität?
       
       „Die Formel E wird weitere Menschen für die Elektromobilität begeistern“,
       verspricht dagegen Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Stefan
       Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus,
       sieht das anders und in E-Autorennen nur ein „ganz, ganz fernes Zeichen für
       den Klimaschutz“. Es brauche keinen Beweis, dass Elektroautos auch schnell
       fahren können. „Wenn der Senat wirklich die E-Mobiliät fördern will, dann
       bitte mit einer Umstellung der öffentlichen Fahrzeugflotte und einer
       Förderung von E-Lastenrädern“, so der Verkehrsexperte.
       
       Die negativen Auswirkungen des Rennens sind für alle Verkehrsteilnehmer
       seit Wochen zu spüren: Zusätzlich zu den Straßenbaumaßnahmen sind seit
       Montag diverse Straßen an der Rennstrecke zum Teil gesperrt. Die
       Einschränkungen werden nach Angaben der Veranstalter noch bis zum 28. Mai
       bestehen. Erst dann werden die gewaltigen Zäune, Betonmauern und Tribünen
       wieder den Platz für die Alltagsfahrer an einer der Hauptverkehrsadern
       Berlins geräumt haben.
       
       13 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manuela Heim
       
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