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       # taz.de -- Abschiebung von Flüchtlingen in Berlin: Familien getrennt
       
       > Monatlich schiebt das Land Berlin rund 200 Menschen ab. Rechtsanwälte
       > beklagen das harte Vorgehen dabei.
       
   IMG Bild: Abschiebung von Flüchtlingen, hier in Leipzig
       
       Bisher galt es meist als Abschiebehindernis, wenn nicht alle
       Familienmitglieder am Tag der Abschiebung anzutreffen waren. Anders im Fall
       der Familie Morina aus dem Kosovo. Dienstag früh brachte die Polizei nur
       den Vater und die vier jüngsten Kinder zum Flughafen Schönefeld. Gegen
       14.30 Uhr startete der Flieger. Die Mutter blieb indes in der gemeinsamen
       Wohnung zurück. Sie sollte auf die älteste Tochter warten, die bei Freunden
       übernachtet hatte. Insgesamt wurden in der Maschine 97 Menschen nach
       Serbien, Bosnien und in den Kosovo geflogen.
       
       „Eigentlich ist es nicht zulässig, dass Eltern von ihren Kindern getrennt
       werden“, sagte Rechtsanwältin Anya Lean, die die Familie Morina betreut.
       Sie hält die Abschiebung für rechtswidrig und hatte am Dienstag versucht,
       sie durch einen Eilantrag an das Verwaltungsgericht und eine Beschwerde an
       das Oberverwaltungsgericht zu verhindern. Bei dem jüngsten Sohn sei noch
       nicht abschließend geklärt, ob er traumatisiert ist, er ist in
       psychologischer Behandlung. „Es lag eine eidesstattliche Versicherung vor,
       dass die Mutter die wichtigste Bezugsperson des Jungen ist. Das Gericht hat
       mit der Begründung abgelehnt, dass eine kurze Trennungszeit dem Kind
       vermittelt werden könne“, sagte Lean.
       
       Die Mutter steht außerdem kurz vor einer Operation, die älteste Tochter
       hätte am Dienstag eigentlich ihre schriftliche Matheprüfung für die
       Berufsbildungsreife schreiben sollen. Die Familie hatte sich bereits an die
       Härtefallkommission gewandt. Auch lag der Innenverwaltung eine Petition
       vor, die das soziale und künstlerische Engagement der Kinder betonte.
       
       „Es ist wahrscheinlich nicht das erste Mal, dass Familienmitglieder
       getrennt werden, aber bisher war das noch nicht richtige Praxis“, sagte
       Lean. Gerade bei Abschiebungen in den Kosovo würde inzwischen härter
       durchgegriffen. Die zuständige Senatsverwaltung teilte mit, dass die
       Ausländerbehörde in der Regel bestrebt sei, Familien gemeinsam
       abzuschieben. Familientrennungen seien im Einzelfall aber zulässig, wenn
       die Polizei nicht alle Familienmitglieder antrifft und unklar sei, wo sie
       sich aufhielten.
       
       Polizei, Innenverwaltung und Ausländerbehörde führen zurzeit zweimal im
       Monat größere Aktionen durch, bei denen jeweils rund 100 Menschen
       abgeschoben werden. Dabei arbeiten sie auch mit anderen Bundesländern
       zusammen.
       
       11 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
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