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       # taz.de -- AK Asyl ausgeschlossen: Nur zahme Flüchtlingshilfe erwünscht
       
       > Der Arbeitskreis Asyl engagiert sich in Cuxhaven seit 30 Jahren für
       > Flüchtlinge. In eine Liste des Landkreises für Ehrenamtliche will er sich
       > nun einklagen.
       
   IMG Bild: Soll es auch im Landkreis Cuxhaven geben – aber nicht von jedem
       
       HAMBURG taz | Der Arbeitskreis Asyl Cuxhaven ist dem Cuxhavener Landkreis
       offenbar zu unbequem. Zumindest weigert sich der Landkreis, die
       ehrenamtliche Organisation in einer Reihe mit anderen Ehrenamtlichen auf
       seiner Homepage zu bewerben. Der Arbeitskreis, der sich seit 30 Jahren auf
       kommunaler Ebene für Flüchtlinge engagiert, findet das ungerecht und klagt
       nun auf Gleichbehandlung. Am 3. Juni will das Verwaltungsgericht Stade eine
       Entscheidung treffen.
       
       Auf er offiziellen Homepage des Cuxhavener Landkreises listet dieser einige
       Flüchtlings-Initiativen auf, „um den ehrenamtlich Tätigen Ihre Arbeit zu
       erleichtern“ und „wichtige Informationen und Kontaktdaten zur Verfügung zu
       stellen“, wie es auf der Website heißt. Verlinkt sind beispielsweise ein
       christlicher Flüchtlingshilfsdienst und der Flyer einer
       Kleidersammelstelle, außerdem tauchen in der Liste
       Familienberatungszentren, ein Frauencafé, ein Flyer vom Deutschen Roten
       Kreuz, diverse Welcome-Cafés und die Ehrenamtlichen-Plattform des Landes
       Niedersachsen auf. Aber es fehlt der AK Asyl.
       
       Daraufhin beschwerte sich der Arbeitskreis beim Landkreis und beantragte,
       in die Liste aufgenommen zu werden – das war im Februar. Der Kreisrat
       Friedhelm Ottens habe darauf entgegnet: Die Veröffentlichung von
       Informationen über die Homepage gehöre zur Öffentlichkeitsarbeit des
       Landkreises. „Einen Anspruch darauf gibt es nicht, weshalb es auch keine
       Rechtsgrundlage für einen Antrag Ihrerseits gibt. Insoweit kann der
       Landkreis hierüber frei entscheiden.“ So zitiert der Niedersächsische
       Flüchtlingsrat den Kreisrat Friedhelm Ottens. Gegenüber der taz will sich
       dieser nicht äußern, stattdessen verweist er auf das Gerichtsverfahren: Die
       Politik des Hauses sei es, sich während laufender Verfahren nicht zu
       äußern.
       
       Schon mehrmals ist der Landkreis Cuxhaven in der Vergangenheit durch sein
       besonders hartes Vorgehen gegen Flüchtlinge aufgefallen – so beispielsweise
       durch unangekündigte Abschiebungen im Morgengrauen. Deshalb vermutet Kai
       Weber, der Sprecher des niedersächsischen Flüchtlingsrats, der AK Asyl sei
       dem Landkreis zu unbequem: „Die Verwaltung ärgert sich über den AK Asyl,
       weil er den Behörden ab und zu auf die Füße tritt“, so Weber. Mit ihrer
       kritischen Haltung gegenüber der kommunalen Flüchtlingspolitik sei die
       Initiative dem Kreisrat ein Dorn im Auge, und so versuche er eben, den
       Arbeitskreis totzuschweigen. „Kleinkariert“, nennt Weber das Verhalten des
       Kreisrats.
       
       Der Flüchtlingsrat gibt außerdem an, Kreisrat Ottens habe in einer
       Begründung gegenüber dem Gericht geschrieben, anders als etwa die
       christliche Flüchtlingshilfe betreibe der AK Asyl „politische Arbeit“ und
       sei damit „nicht neutral“.
       
       Ob das als Argument zählt, darüber wird Anfang Juni das Gericht
       entscheiden. Gisela Penteker, Mitglied vom AK Asyl und im Vorstand des
       niedersächsischen Flüchtlingsrats, bezeichnet die Argumentation jedenfalls
       als „sehr schwierig“. In seiner Art, politisch zu arbeiten, unterscheide
       sich der Arbeitskreis schließlich nicht wesentlich von anderen
       Flüchtlingsinitiativen.
       
       Lediglich sein hartnäckiges Vorgehen werde ihm offensichtlich übel
       genommen. „Wenn die Liste auf der Homepage ein Wegweiser für Flüchtlinge
       und Ehrenamtliche sein soll, gehört der AK Asyl auf jeden Fall dazu“, sagt
       sie. Penteker selbst wurde 2015 mit einem Ehrenpreis der Stadt Otterndorf
       ausgezeichnet, die auch im Landkreis Cuxhaven liegt – für ihr jahrelanges
       ehrenamtliches Engagement für Flüchtlinge. Kai Weber nennt es „absurd“,
       dass der Landkreis einzelne Engagierte des Arbeitskreises auszeichne,
       gleichzeitig aber versuche, die Initiative als solche unter den Teppich zu
       kehren. „Es gehört zu einer demokratischen Öffentlichkeit, auch kritische
       Initiativen zu erwähnen“, sagt er.
       
       Das sieht auch der AK Asyl nach Angaben des Flüchtlingsrats so. Der zitiert
       in einer Pressemitteilung ein Statement des Arbeitskreises zum Verhalten
       des Landkreises: „Eine Behörde im demokratischen Rechtsstaat und zumal in
       einer Informationsgesellschaft muss sich auch der öffentlichen Kritik
       stellen. Klönen und Kaffee trinken sind nach Auffassung des Landkreises (…)
       erlaubt, das politische Gespräch aber ist von Übel.“ Die Aktivisten werten
       das Vorgehen als Zensur und als Versuch, unangenehme Wahrheiten zu
       unterbinden.
       
       13 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
       ## TAGS
       
   DIR Flüchtlingshilfe
   DIR Landkreis Cuxhaven
   DIR Flüchtlinge
   DIR Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes 
   DIR Landkreis Cuxhaven
   DIR Abschiebung
       
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