# taz.de -- Kommentar Netzpolitik der Regierung: A sagen, B tun
> Die Störerhaftung ist passé – noch ist diese Ankündigung mit Vorsicht zu
> genießen. Denn die deutsche Netzpolitik ist vor allem eines:
> unentschieden.
IMG Bild: Erstmal den Gesetzentwurf zur Störerhaftung abwarten – denn es gibt immer politische Hintertüren
Manchmal wüsste man wirklich gern, wie genau es in der Bundesregierung
eigentlich so zugeht. Aussage nach den Koalitionsverhandlungen: [1][Wir
schaffen die umstrittene Störerhaftung ab.] Im Gesetz steht dann:
Störerhaftung bleibt. Und nun, ein gutes Jahr später: Die Störerhaftung
wird abgeschafft. Wirklich! Echt!
Das wäre mal eine gute Nachricht. Denn die Störerhaftung beim WLAN ist ein
seltsames Instrument: Warum muss der Inhaber eines Internetanschlusses
dafür haften, wenn jemand Drittes darüber eine Rechtsverletzung begeht?
Weil auch der Eigentümer einer Bohrmaschine haftet, wenn er sie verleiht
und jemand damit verletzt wird? Nein, eben, muss er nicht. Aber genauso
unsinnig ist die Störerhaftung beim WLAN und dient damit in der Praxis vor
allem einer Förderung der Abmahnindustrie.
Doch ein Problem bleibt: Der Umgang der Bundesregierung mit dem Thema
Störerhaftung ist symptomatisch für ihre gesamte Netzpolitik. Die basiert
weitgehend auf unterschiedlichen Ausprägungen der Strategien: A sagen, B
tun (Netzneutralität), halbherzigem Agieren (Breitbandausbau), Handeln
weitgehend ohne System (bei Hasskommentaren) und im Zweifelsfall einfach
mehr Überwachung (Vorratsdatenspeicherung). Das, was eine gute Netzpolitik
leisten könnte – von Teilhabe bis zum Schutz der Privatsphäre, von
Barrierefreiheit bis zur Förderung innovativer und nachhaltiger
Geschäftsmodelle –, ist so nicht zu schaffen.
Dass die Netzpolitik der Regierung so ist, wie sie ist, liegt sicher auch
am Kompetenz-Hickhack innerhalb des Kabinetts. Allein an der Digitalen
Agenda haben drei Ministerien mitgearbeitet – dabei war da das
Verbraucherschutzministerium, das in solchen Fällen nicht ganz unwichtig
ist, nicht einmal dabei. Und wenn viele ein bisschen zuständig sind, ist es
leider manchmal so, dass sich keiner richtig kümmert. Weil sich niemand
auskennt. Oder die Interessen der Wirtschaft am Ende doch mehr wiegen als
die der Internetnutzer.
So ist auch die Ankündigung, die Störerhaftung beim WLAN jetzt aber
wirklich abzuschaffen, mit Vorsicht zu genießen – bis tatsächlich ein
Gesetzentwurf vorliegt. Denn mögliche Hintertüren, um es Nutzern, die ihr
Netz für Nachbarn, Freunde und Passanten öffnen wollen, schwer zu machen,
gibt es genug.
11 May 2016
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DIR Svenja Bergt
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