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       # taz.de -- Rassistische Rugby-Berichterstattung: „War nicht so gemeint“
       
       > Die „Rhein-Neckar-Zeitung“ berichtet abfällig über Schwarze in einem
       > Rugbyspiel. Später heißt es, das Ganze sei ein Missverständnis gewesen.
       
   IMG Bild: TV Pforzheim im Freudentaumel
       
       Am vergangenen Sonntag, den 8. Mai, stehen sich zwei Rugbyteams im Finale
       der deutschen Meisterschaft gegenüber. TV Pforzheim gegen den
       Titelverteidiger Heidelberger Ruderklub (HRK). Am Ende gewinnt Pforzheim
       mit 41:36.
       
       Zwei Spieler sind maßgeblich für den Sieg des TV Pforzheim verantwortlich:
       Mansah Sita und Tafadwa Chitokwindo. Nach einer frühen Führung des
       Titelverteidigers HRK waren es vor allem Sita und Chitokwindo, die wichtige
       Punkte holen konnten. Es heißt, nach dem überraschenden Sieg hätten sie
       sich jubelnd in den Armen gelegen.
       
       Die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) beschrieb diese Szene in einem Bericht von
       Montag so: „Wie sehr sich Simbas freuen können, wenn sie weiße Männer
       fertiggemacht haben, kennt man aus dem Filmklassiker ‚Die Wildgänse
       kommen‘, in dem Richard Harris und Hardy Krüger verhäckselt werden, Roger
       Moore und Richard Burton überleben nur knapp. Der Jubel der blasseren
       Pforzheimer war unermesslich.“
       
       Der Autor Claus-Peter Bach bedient sich in diesem Absatz alter
       kolonial-rassistischer Klischees. Er beschwört das Bild des wilden,
       gewalttätigen Schwarzen, der eine Gefahr für den weißen Mann darstellt, ihn
       „fertigmacht“ und „verhäckselt“. Der Rassismus ist offensichtlich. Dafür
       müssen LeserInnen weder viel in diesen Text hineininterpretieren noch den
       Film gesehen haben.
       
       ## Große Bestürzung
       
       Am Telefon wirkt der Autor des Textes Claus-Peter Bach am Mittwochmorgen
       bestürzt. Eine Stunde später möchte er nicht, dass das Gespräch für diesen
       Artikel verwendet wird. In der Zwischenzeit steht auf der Webseite der RNZ
       eine Entschuldigung. Dort heißt es: „Die Reaktionen mancher Leserinnen und
       Leser auf meinen Artikel über das Endspiel der deutschen
       Rugby-Meisterschaft zeigen, dass ich mich im vorletzten Absatz falsch und
       missverständlich ausgedrückt habe.“ Bach sei von der Freude und dem Stolz
       der beiden Spieler beeindruckt gewesen, schreibt er. Der Vergleich mit dem
       Film und seine martialische Ausdrucksweise seien falsch. Alles nur ein
       Missverständnis. „Herr Bach war niemals ein Rassist. Jeder, der ihn kennt,
       weiß das“, sagt Joachim Klähn, Leiter der Sportredaktion.
       
       Aber so einfach ist es nicht. Nicht die Absicht ist entscheidend, am Ende
       kommt es darauf an, was in der Zeitung steht. Und das liest sich nicht wie
       eine schöne Jubelerinnerung aus einem alten Film. Überhaupt ist die
       Thematisierung der Hautfarbe von Sita und Chitokwindo in einem Kontext, in
       dem es lediglich um ihre sportliche Leistung gehen soll, unangebracht.
       
       Nun stellt sich die Frage, wie dieser Text in die Zeitung kommen konnte?
       Hat niemand diesen Text gegengelesen? Über die redaktionellen Abläufe in
       der RNZ wollte sich niemand offiziell äußern. Der Ressortleiter Klähn sagt
       jedoch: „Dieses Ereignis schärft hoffentlich den Blick dafür, dass so etwas
       nicht wieder geschehen darf.“
       
       Auf dem Rugby-Blog [1][„Total Rugby“] wird der Artikel seit Montag heftig
       kritisiert. Diese Art der Berichterstattung schade dem Sport, heißt es da.
       Der Redakteur Klähn sagt, dass er bisher nur einen Leserbriefe zu dem Text
       bekommen habe. Dafür finden sich auf der Onlineseite einige kritische
       Kommentare, mit der Bitte um eine Entschuldigung.
       
       ## Keine unabhängige Berichterstattung
       
       Der ehemalige Sprecher des Deutschen Rugbyverbands, Matthias Hase erhebt in
       dem Rugbyblog noch einen anderen Vorwürfe gegen Bach. Er sei seiner
       Funktion als ehemaliger Präsident des deutschen Rugbyverbands kein
       unabhäniger Berichterstatter, schreibt Hase.
       
       Bach, Jahrgang 1957, seit 1980 bei der RNZ, ist selbst Teil der
       Rugby-Szene. Als junger Mann spielte er selbst beim SC Neuenheim, heute ist
       er ehrenamtlicher Funktionär und erster Vorsitzender des SC, der ebenfalls
       in der ersten Rugby-Liga spielt. Vermutlich haben wenige KollegInnen so
       viel Fachkenntnis wie Bach. Doch warum darf ein Redakteur, der so eng mit
       dieser Sportart verbunden ist, darüber schreiben?
       
       Ressortleiter Klähn sieht in dieser Nähe von Beruf und Ehrenamt kein
       Problem. „Zu mir als Ressortleiter ist nie durchgedrungen, dass sich ein
       Interessenkonflikt in der Berichterstattung von Herrn Bach niedergeschlagen
       hätte. Sie war stets korrekt“, sagt er.
       
       11 May 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.totalrugby.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Amna Franzke
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Rugby
   DIR Super Bowl
   DIR Rugby
       
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