URI: 
       # taz.de -- Koalitionskrach: Kriegsbeil begraben
       
       > SPD und Grüne einigen sich auf ein Bündnis für Wohnen, das Parks und
       > Grünflächen wenigstens ein bisschen schont. Grüne hatten mit Ablehnung
       > gedroht.
       
   IMG Bild: Besorgt höchstselbst den Grünausgleich für eine neue Großsiedlung: Umweltsenator Jens Kerstan
       
       HAMBURG taz | Der rot-grüne Hauskrach über das Wohnungsbauprogramm ist
       beigelegt. In einer Sondervereinbarung einigten sich am Dienstagnachmittag
       die Umwelt- und die Stadtentwicklungsbehörde auf einen stärkeren Schutz von
       Grün- und Freiflächen. Danach dürfen Naturschutzgebiete, Naturdenkmäler und
       die Flächen des grünen Netzes nicht bebaut werden. Zudem hat die
       Verdichtung und Aufstockung Vorrang vor Neubauten auf bislang
       unversiegelten Flächen. Auch müssen „naturschutzrechtlich notwendige
       Kompensationsflächen“ Bestandteil aller Bauplanungen sein sowie „zügig und
       verbindlich umgesetzt werden“, teilten die beiden Behörden mit.
       
       Vorangegangen war über Pfingsten ein heftiger Knatsch in der Koalition.
       Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hatte am Donnerstag
       ein Bündnis für Wohnen mit der Wohnungswirtschaft vorgestellt, das kaum
       Rücksicht auf Naturschutzbelange nahm. Der grüne Umweltsenator Jens Kerstan
       stellte daraufhin klar, dass es „keine Einigung mit der Umweltbehörde und
       mir“ gebe. Daraufhin vereinbarten die beiden Fraktionsvorsitzenden Andreas
       Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) am Samstag kurzfristig „Eckpunkte“
       einer Einigung. Insbesondere wurde „ein zusätzlicher Ausgleichsmechanismus
       bei der Bebauung von Frei- und Grünflächen“ in Aussicht gestellt.
       
       Das aber ging Kerstan nicht weit genug. Es dürfe nicht nur „um die reine
       Zahl“ neuer Wohnungen gehen, sondern auch „um das Wie: um den Erhalt des
       Grüns und der Lebensqualität, um Klimaschutz und effiziente Häuser“,
       beharrte der Umweltsenator. Unterstützung erhielt er am Pfingstmontag von
       Parteichefin Anna Gallina und ihrem Vize Michael Gwosdz. Kerstans Kritik
       sei „deutlich und konsequent“ und Stapelfeldts Vorpreschen hingegen „im
       Umgang mit dem Koalitionspartner nicht angemessen“.
       
       Auch die großen Umweltverbände sprangen dem Senator zur Seite. Die
       Vereinbarung mit der Wohnungswirtschaft sorge für „zusätzliche enorme
       Flächenversiegelung“ und erkläre „den Klimaschutz zum Stiefkind“,
       kritisierte Manfred Braasch, Geschäftsführer des Hamburger Bund für Umwelt
       und Naturschutz (BUND). „Echt bedrohlich“ nannte der Vorsitzende des
       Naturschutzbundes (Nabu), Alexander Porschke, das Wohnraumbündnis.
       Wohnungsbau dürfe „nicht auf Kosten des Naturhaushaltes gehen“. Bereits
       Ende April hatte der Nabu-Chef im einem Strategiepapier „Nachverdichten
       statt Neuversiegeln“ gefordert, zum Beispiel durch den Neubau höherer
       Häuser und Aufstockung bestehender Gebäude, die zudem ein Gründach erhalten
       sollten. Das sei ein möglicher Weg zu einer „naturverträglichen
       Stadtentwicklung“, so Porschke.
       
       Kerstan erklärte am Dienstagnachmittag, die jetzt erzielte Einigung mit der
       Baubehörde sei „tragfähig“, weil die Verdichtung Vorrang habe vor der
       Nutzung von Grün- und Freiflächen. Deshalb könne er nun das solchermaßen
       modifizierte Bündnis für Wohnen „mit gutem Gewissen unterzeichnen“.
       
       17 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
       ## TAGS
       
   DIR Wohnraum
   DIR Naturschutz
   DIR Stadtentwicklung Hamburg
   DIR Kühne und Nagel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kritik an Flächenverbrauch in Hamburg: BUND will Wohnungsbau bremsen
       
       Der Umweltverband fordert ein Abrücken von den ehrgeizigen Neubauzielen des
       Senats. Stattdessen will er eine intelligentere Stadtentwicklungspolitik.
       
   DIR Umweltschützer gegen Gewerbegebiet: Schwarzbau mit politischer Hilfe
       
       Ein Gewerbegebiet in Obergeorgswerder ist seit sieben Jahren ohne gültigen
       Bebauungsplan und soll nun dennoch erweitert werden. Ein Naturausgleich
       steht aus.
       
   DIR Kommentar zum Koalitionskrach: Typisch Hamburger SPD
       
       Kommentar von Gernot Knödler über grüne Akzente beim Wohnungsbauprogramm