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       # taz.de -- Rimmelsberg wird transparent: Heimleiter stellt sich Vorwürfen
       
       > Nach dem Friesenhof kam der „Rimmelsberg“ wegen fragwürdiger
       > Erziehungsmethoden in die Schlagzeilen. Jetzt hat sich das Heim der
       > Öffentlichkeit vorgestellt.
       
   IMG Bild: Laut Einrichtungsleiter Feldhues ist die Heimaufsicht hier gern gesehen: Jugendheim Rimmelsberg.
       
       FLENSBURG taz | Das Wetter, immerhin, meint es gut mit Manuel Feldhues. Der
       Betreiber der Jugendeinrichtungen Rimmelsberg hatte am gestrigen Donnerstag
       die Presse geladen, nachdem in den vergangenen Tagen ehemalige Bewohner des
       Heims für Jungen von Punkten für Wohlverhalten, einem Extra-Tisch für
       „Loser“, Telefonverbot und geschlossenen Türen berichteten. Dabei handelt
       es sich um pädagogisch fragwürdige, teilweise gar verbotenen Methoden.
       
       Feldhues will sich zu den Vorwürfen äußern. Für den 49-Jährigen und sein
       zurzeit 41-köpfiges Team ist die Lage ernst. Im Hof Seeland stehen die
       meisten Zimmer leer. Auch schon bevor die Vorwürfe laut wurden, gab es
       freie Plätze. Insgesamt gehören zur „Kinder- und Jugendhilfe Rimmelsberg“
       acht Gebäude im Kreis Schleswig-Flensburg mit 61 Plätzen. Voll belegt waren
       die „noch nie“, und die aktuellen Vorwürfe machen es nicht besser, sagt
       Volker Clemens, der Anfang des Jahres die wirtschaftliche Leitung
       übernommen hat.
       
       Pädagogisch führt neuerdings die Diplom-Sozialpädagogin Christina Reddmann
       die Häuser. Beide räumen Fehler ihrer Vorgänger ein: Auf der
       wirtschaftlichen Mängelliste steht, dass Beschäftigte früher „mehr netto
       als brutto“ verdienten – was einen gewissen kreativen Umgang beispielsweise
       mit Freibeträgen voraussetzt. Einzelheiten nennt Clemens nicht. Das
       Finanzamt prüfe.
       
       Vor der Pleite stehe Rimmelsberg jedoch nicht, so Clemens. Die Frage nach
       Schulden wollte er nicht beantworten. Aber er räumt ein, dass die für Heime
       vorgeschriebene Rücklage aktuell nicht vorhanden sei. Ein
       Unternehmensberater sei eingeschaltet. Zum Jahresende solle Rimmelsberg in
       eine GmbH umgewandelt werden. Zur pädagogischen Ausrichtung sagt Feldhues,
       der vorherige Leiter sei „überfordert“ gewesen. Christina Reddmann erklärt,
       es sei ein „pädagogisches Umdenken“ erforderlich gewesen.
       
       Unter anderem seien die Jungen, die je nach Haus sechs bis 21 Jahre alt
       sind, zu streng beurteilt worden. Als Grund nannte sie, dass früher ein
       „anderes Klientel“ da gewesen sei. In den 80er- Jahren gründete die
       Erzieherin Helga Breulmann eine Jugendeinrichtung in Schleswig-Holstein –
       den heutigen Friesenhof, der im vergangenen Jahr wegen Methoden im
       Bootcamp-Stil in die Schlagzeilen kam. Aktuell arbeitet ein
       Parlamentarischer Untersuchungsausschuss den Fall auf und prüft dabei, ob
       die Heimaufsicht und damit Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) Fehler
       gemacht haben. Manuel Feldhues ist Breulmanns Sohn.
       
       Vom Bootcamp-Prinzip halte er nichts, sagt Feldhues: „Wir wollen es
       familiär und mitbestimmend.“ Warum es dann aber so anders lief – „ich kann
       es nicht erklären“. Den Friesenhof verkaufte seine Mutter und erwarb im
       Lauf der Zeit die Häuser im Kreis Schleswig-Flensburg. Die
       Rimmelsberg-Häuser standen – genau wie der Friesenhof – bundesweit im Ruf,
       „Härtefälle“ zu nehmen, teilweise habe es „Seeland oder Knast“ geheißen.
       
       Doch die Zeiten, in denen Berlin oder Hamburg ihre Problem-Kinder ins Grüne
       schicken, sind vorbei: Viele Jugendämter wollen eine milieu- oder
       heimatnahe Unterbringung. Zuletzt lebten sechs minderjährige Flüchtlinge im
       Hof Seeland. Als die Vorwürfe gegen das Haus bekannt wurden, brachte der
       Kreis sie anderswo unter.
       
       Durch die Vorfälle in Rimmelsberg und einer weiteren Einrichtung in
       Dithmarschen gerät Ministerin Alheit erneut unter Druck. So warf die
       Opposition ihr vor, sie sei nicht informiert gewesen, auch sei die
       Heimaufsicht zu spät tätig geworden. Die Ministerin wies das zurück: Es
       habe durchaus unangemeldet Besuche der Aufsicht und enge Begleitung
       gegeben. Manuel Feldhues betont, die Aufsichtsbehörden seien gern gesehen.
       
       19 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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