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       # taz.de -- Kolumne Macht: Wenn Wahlen etwas ändern könnten
       
       > Falls Hillary Clinton doch nicht Kandidatin wird, dann wird es
       > Vizepräsident Joe Biden. Und nicht etwa Bernie Sanders. Ach so?
       
   IMG Bild: Hat hierzulande niemand auf der Rechnung: Joe Biden
       
       Und wenn sie doch angeklagt wird? Niemand redet mehr davon, dass Hillary
       Clinton in ihrer Zeit als Außenministerin eine private Mailadresse auch für
       berufliche Zwecke genutzt hat und das FBI seit Monaten ermittelt, ob sie
       damit Gesetze gebrochen und die notwendige Sorgfalt beim Umgang mit
       Staatsgeheimnissen hat vermissen lassen. Niemand – außer dem rechtslastigen
       Sender Fox-News, der Hillary Clinton auch der Teufelsanbetung bezichtigen
       würde, wenn es eine Chance gäbe, damit Gehör zu finden und der deshalb in
       dieser Hinsicht nicht ernst genommen wird.
       
       Aber was, wenn alle sich irren und sie eben doch angeklagt wird?
       
       Er glaube noch immer nicht daran, sagt der US-Publizist Norman Birnbaum,
       kluger, alter Vordenker der Linken. Allerdings müsse er zugeben, dass er
       sich allmählich wundere, weshalb die Prüfung des Sachverhalts so lange
       dauere. „Wenn sie tatsächlich vor dem Parteitag der Demokraten angeklagt
       wird, dann bekommt sie die Nominierung nicht. Dann muss es Joe Biden
       machen.“
       
       Das ist einer der Augenblicke, in denen man als ausländische Journalistin
       das Gefühl hat, überhaupt nichts verstanden zu haben – nichts vom
       Wahlkampf, nichts von den Kräfteverhältnissen im politischen Spektrum,
       nichts von den USA insgesamt. Wo kommt denn jetzt auf einmal Biden her? Der
       Vizepräsident hat doch nach reiflicher Überlegung schon vor Monaten
       unmißverständlich erklärt, nicht für die Präsidentschaft kandidieren zu
       wollen.
       
       Der fast 90-jährige Norman Birnbaum lächelt fein. „Ja, und außerdem hat er
       gesagt, dass er Elizabeth Warren gerne als Vizepräsidentin hätte, wenn er
       denn antreten würde. Warren könnte die Linken besänftigen.“ Ja, das könnte
       sie wohl. Die Senatorin aus Massachusetts hat einen guten Ruf als kritische
       Finanzexpertin und setzt sich seit langem unermüdlich für verbesserten
       Verbraucherschutz ein. Und sie hat mehrfach erklärt, nicht für die
       Präsidentschaft kandidieren zu wollen. In dieser Hinsicht würde sie gut zu
       Biden passen. Der ja eben auch nicht will.
       
       ## Reine Spekulation
       
       Man kommt sich inzwischen naiv vor mit der Frage, aber liefe die
       Nominierung denn nicht ganz zwangsläufig auf Bernie Sanders hinaus, falls
       Hillary Clinton tatsächlich ausfiele? „Ach, das würden die Leute um Obama
       und Hillary nicht zulassen“, sagt Birnbaum gelassen, der seit über 70
       Jahren die US-Politik verfolgt. „Natürlich würde es einen erbitterten Kampf
       geben. Aber ich denke, in diesem Fall liefe es trotzdem auf Biden hinaus.“
       Natürlich sei das alles reine Spekulation, und er glaube, wie gesagt,
       nicht, dass Hillary Clinton überhaupt angeklagt werde. Aber falls doch:
       dann hätten die Gegner von Bernie Sanders einen Notfallplan in der Tasche.
       
       Vermutlich werden wir alle nie erfahren, ob Norman Birnbaum Recht hat oder
       nicht. Aber allein die Vorstellung, dass er Recht haben könnte, macht
       frösteln. Vielleicht stimmt es ja wirklich: Wenn Wahlen etwas ändern
       könnten, dann wären sie verboten. Allerdings bedarf es dafür immerhin
       kluger Taktiker in den Parteizentralen.
       
       Bei den US-Republikanern scheint es die nicht zu geben. Was wiederum auch
       schade ist. Es taktieren halt immer die Falschen.
       
       21 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bettina Gaus
       
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