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       # taz.de -- Humanitärer Weltgipfel der UNO: Versuch, die weltweite Not zu lindern
       
       > Bei dem zweitägigen Treffen in Istanbul dürfte es viele Diskussionen
       > geben. Mehr Mittel für 125 Millionen Hilfsbedürftige aber wohl nicht.
       
   IMG Bild: Gewichtsmessung eines Babys in einer Nahrungsausgabestelle der UNICEF auf Madagaska
       
       Genf taz | Niemals zuvor seit Ende des Zweiten Weltkriegs war laut der UNO
       die Not auf dem Globus so groß: Rund 125 Millionen Opfer von
       Gewaltkonflikten und Naturkatastrophen brauchen jeden Tag Hilfe zum
       Überleben.
       
       Daher veranstaltet die UNO am Montag und Dienstag in Istanbul den ersten
       „Weltgipfel für humanitäre Hilfe“. Auf Einladung von Generalsekretär Ban Ki
       Moon kommen rund 5.000 KonferenzteilnehmerInnen in die Stadt am Bosporus –
       darunter etwa 70 Staats-und Regierungschefs aus den 193 UNO-Mitgliedstaaten
       sowie Nichtregierungsorganisationen, die in vielen Krisen ihre humanitäre
       Hilfsmaßnahmen in Partnerschaft mit der UN durchführen.
       
       Ziel des Mammuttreffens ist nach Ankündigung der New Yorker UNO-Zentrale
       „die Entwicklung von Strategien zur Linderung der weltweiten humanitären
       Not“. Besprochen werden sollen laut dem Organisationschef der Konferenz,
       Antoine Gérard, „Themen von der Einhaltung des humanitären Völkerrechts und
       der humanitären Prinzipien über Vertreibung, die Vorsorge bei
       Naturkatastrophen bis zur Rolle lokaler Akteure, insbesondere Frauen und
       junge Leute.“
       
       Verbindliche Beschlüsse sind kaum zu erwarten. Oberste Priorität, wenn es
       tatsächlich darum gehen soll, die Maßnahmen humanitärer Hilfe auszuweiten
       und qualitativ zu verbessern, wäre eine deutlich erhöhte
       Zahlungsbereitschaft der 193 Mitgliedstaaten.
       
       ## „Das humanitäre System lässt Kinder im Stich“
       
       „Wir möchten konkrete Beträge“, sagte der Geschäftsführer von Terre des
       Hommes, Albert Recknagel. Denn im vergangenen Jahr brauchten die UNO und
       ihre Partner knapp 20 Milliarden US-Dollar, um die Opfer von Gewalt und
       Naturkatastrophen mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten, Zelten und
       anderen Hilfsgütern zu versorgen.
       
       Allerdings kamen 2015 nur rund 10 Milliarden US-Dollar in die Kassen der
       Helfer. Und der Finanzbedarf für 2016 von ebenfalls mindestens 20
       Milliarden US-Dollar war bis Mitte Mai erst zu 7,5 Prozent durch Zusagen
       der UN-Mitgliedstaaten gedeckt. Doch „neue Finanzzusagen sind in Istanbul
       nicht vorgesehen“, dämpfte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Montag vor
       der Konferenz sprechen wird, am Wochenende alle Hoffnungen auf neues Geld.
       
       Eine dringend zu finanzierende Aufgabe wären Schul- und
       Berufsausbildungsmaßnahmen für die über 37 Millionen Kinder und
       Jugendlichen in Konfliktgebieten und Flüchtlingslagern. Bislang gehen nur
       rund 2 Prozent aller Finanzzusagen der Mitgliedsländer in den
       Bildungsbereich. „Das humanitäre System als Ganzes lässt Kinder im Stich“,
       kritisiert die Londoner Hilfsorganisation War Child.
       
       ## Keine konkreten Verpflichtungen
       
       Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat ihre geplante Teilnahme am
       Gipfel abgesagt. Die dringendsten Themen würden dort ausgelassen, hieß es
       zur Begründung – etwa die Frage, wie Hilfskräfte besser geschützt werden
       können.
       
       „2015 gab es Bombenangriffe auf 75 Krankenhäuser, die von MSF betrieben
       oder unterstützt wurden“, teilte MSF mit. Bei dem UN-Treffen würden den
       Regierungen trotz „schockierender Verletzungen internationalen humanitären
       Rechts und der Rechte von Flüchtlingen“ keine konkreten Verpflichtungen
       abverlangt.
       
       Oxfam fordert alle 193 UN-Staaten anlässlich des humanitären Weltgipfels
       dazu auf, den Verhaltenskodex für Resolutionen gegen Völkermord, Verbrechen
       gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu unterzeichnen. Dieser
       nehme die permanenten Mitglieder des Sicherheitsrats in die Pflicht, bei
       Resolutionen zu diesen drei Themen auf ihr Vetorecht zu verzichten.
       
       22 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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