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       # taz.de -- Kommentar EU-Hilfe für Griechenland: Vom Drama zur Farce
       
       > Die Eurogruppe ist unfähig, sich in der Schuldenkrise zu einigen.
       > Griechenland droht endgültig zur Schuldenkolonie zu verkommen.
       
   IMG Bild: Man mag die Fahnen noch so penibel gerade zupfen, das Verhältnis von EU und Griechenland ist ganz grundsätzlich schief
       
       In der Geschichte ereignet sich alles zweimal: das eine Mal als Tragödie,
       das andere Mal als Farce. An dieses berühmte Marx-Zitat erinnert der
       Schuldenstreit um Griechenland, der nun schon wieder die Eurogruppe in
       Brüssel beschäftigt. Wie vor einem Jahr sind die Gläubiger tief
       zerstritten. Wie damals halten sie Griechenland hin, um von ihrer eigenen
       Unfähigkeit abzulenken. Statt sofort die nächste Kredittranche freizugeben,
       wurde Athen auf den 24. Mai vertröstet.
       
       Eigentlich müsste Premier Alexis Tsipras nun „Foul“ schreien. Denn er
       braucht dringend frisches Geld – so dringend, dass er die bisher härtesten
       [1][Rentenkürzungen gegen massive Proteste durchs Parlament gepeitscht
       hat]. Doch stattdessen gibt sich Tsipras zufrieden. Es sei ein großer
       Fortschritt, dass die Eurogruppe endlich über Schulden-Erleichterungen
       gesprochen habe. Athen werde nun für seine Mühen belohnt, frohlockt der
       Syriza-Chef.
       
       Und hier beginnt die Farce: Denn in Wahrheit sollen diese Erleichterungen
       erst 2018 kommen – und dann auch nur in homöopathischen Dosen. Vorher soll
       Tsipras aber neue, noch härte Sparmaßnahmen beschließen – auf Vorrat. Die
       Grausamkeiten sollen künftig sogar automatisch kommen: Tsipras soll dafür
       eine Art Ermächtigungsgesetz unterzeichnen. Es ist seine größte Niederlage
       seit der Wendung vom Linkspolitiker zum Austeritäts-Apostel. Denn nun muss
       er nicht nur die knallharten Sparauflagen vom vergangenen Jahr umsetzen,
       sondern auch noch Überschüsse erwirtschaften.
       
       [2][Selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) glaubt nicht, dass das
       gelingen kann.] Doch auch IWF-Chefin Christine Lagarde ist Teil dieser
       Farce. Schon vor einem Jahr hat sie einen Schuldenschnitt für Griechenland
       gefordert. Damals hätte sie die Macht gehabt, sich durchzusetzen und
       Tsipras zu helfen. Diesmal hingegen ist das Kind längst in den Brunnen
       gefallen. Die Schuldenlast steigt unaufhaltsam weiter; heute ist sie größer
       als je zuvor. Eigentlich dürfte der IWF unter diesen Umständen gar nicht
       mehr mitspielen.
       
       Doch Lagarde droht nur mit dem Ausstieg aus dem Hilfsprogramm. Sie bellt,
       statt zu beißen. Die große Frage ist nun, ob der IWF an Bord bleibt, obwohl
       die Eurogruppe keinen echten Schuldenschnitt will. Wenn ja, dann kann die
       Farce weitergehen. Bis 2060 will Brüssel den Austeritätskurs fortsetzen –
       natürlich unter dem Deckmantel großzügiger Hilfe. Wenn das Realität wird,
       verkommt Griechenland endgültig zur Schuldenkolonie. Und wenn Nein? Wenn
       der IWF „bye, bye“ sagt? Dann könnte das Ganze doch noch als Tragödie
       enden. Denn ohne den IWF will auch Deutschland nicht mehr helfen. Dann
       würde es zum großen Knall kommen, das unwürdige Theater wäre beendet. Ob es
       Griechenland danach besser gehen würde – das steht auf einem andern Blatt.
       
       10 May 2016
       
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