# taz.de -- Teilgeräumtes Berliner Hausprojekt: Mitte-Apartment mit Außenklo
> Nach der Räumung von zwei Zimmern wehren sich die Bewohner gegen den
> Hauseigentümer. Sie wollen klagen – und keine neuen Mieter.
IMG Bild: „Kein Platz für Neuvermietung“ – die Bewohner der Linienstraße wollen sich ihre Mitbewohner selber aussuchen
Berlin taz | Völlig überrascht waren die Bewohner des linken Hausprojekts
Linienstraße 206, als [1][am Dienstagmorgen die Polizei bei ihnen auf der
Matte stand]. Die Beamten hatten die Eingangstür aufgebrochen, sich
zunächst in der Etage geirrt und im falschen Zimmer gestanden. „Ach, sie
können weiter schlafen“, hatte ein Polizist gesagt, als er den Irrtum
bemerkte. Kurz darauf fanden sie das gesuchte Zimmer und räumten einen
langjährigen Bewohner aus seinem Zuhause.
Zwei Tage nach den Ereignissen, denen am Montagabend eine
Spontandemonstration mit 500 Teilnehmern folgte, sitzen fünf der
verbliebenen Bewohner auf Bierbänken vor dem sanierungsbedürftigen, mit
Parolen und Bannern geschmückten Haus in schicker Mitte-Umgebung. Sie haben
den Schock noch nicht verarbeitet, sind übermüdet. Weder sie, noch ihr
Anwalt hatten im Vorfeld einen Hinweis auf die bevorstehende Räumung des
Privat- und eines Gemeinschaftsraumes erhalten.
Nun erklären sie den Hintergrund des ersten Polizeieinsatzes in der
26-jährigen Geschichte des Projektes. Willi, ein schlanker Mann mit
orangefarbenen Haaren, sagt, die Mietverträge für die betroffenen Räume
hätten bis vor drei Jahren bei zwei ehemaligen Bewohnern gelegen. „Die
haben sich vom Eigentümer de facto herauskaufen lassen, um sich aus der
Verantwortung zu ziehen.“ Erklärend fügt Willi hinzu: „Deren Lebenskonzepte
haben sich geändert.“ Einer sei jetzt Unternehmer und habe ein Haus am
Stadtrand.
Nun wollen die etwa 15 Bewohner klagen, denn die Hausbesitzer, zwei
Berliner Unternehmer, haben all die Jahre die Mietzahlungen
entgegengenommen, auch für den laufenden Monat. „Wir sind der Meinung, dass
es dadurch Nachfolgemietverträge gibt“, so Willi.
Die Eigentümer hatten dagegen anscheinend schon am Dienstag versucht,
Nachmieter in die Zimmer zu setzen. Zwei Stunden nach der Räumung seien
„zwei Leute, die das Mitte-Apartment besichtigen wollten“ vor dem Haus
aufgetaucht, sagt Willi. Bei dem Apartment handelt es sich allerdings um
eine große WG, ohne abgeschlossene Wohnungen, mit Gemeinschaftsküche und
Außenklos im Treppenhaus.
Vorerst habe Hausbesitzer Bernd-Ullrich Lippert angekündigt, auf weitere
Wohnungsbesichtigungen zu verzichten, „er ist aber der Meinung, dass wir
uns mit der Zeit schon beruhigen und damit abfinden werden“, so Willi. Für
die Bewohner ist das keine Option. Sie wollen weiter selbstbestimmt leben,
sich der Entwicklung des Viertels widersetzen. „Linie, Linie, Anarchie /
Nicht noch eine Galerie“, skandierten sie auf der Demo am Dienstag.
12 May 2016
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Erik Peter
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