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       # taz.de -- Gleichstellung Homosexueller: Italien kann auch anders
       
       > Die Homo-Paare wird in Italien der Hetero-Ehe gleichgestellt, gegen den
       > Widerstand der Katholiken. Ihnen fehlte die Unterstützung.
       
   IMG Bild: Teilnehmer des CSD in Rom
       
       Rom taz | Kaum war am Mittwochabend die Homo-Ehe in Italiens Parlament
       endgültig verabschiedet, da freute sich Italiens Ministerpräsident Matteo
       Renzi, gerade sei „Geschichte geschrieben“ worden. Überschwängliche Töne
       ist man von ihm gewöhnt, wenn es darum geht, seine eigene Politik
       abzufeiern. Diesmal aber hat er recht. Kaum war das Gesetz durch, trafen
       sich Schwule und Lesben vor dem in Regenbogenfarben getauchten
       Trevi-Brunnen, um den Durchbruch zu feiern, der einer kleinen Revolution
       gleichkommt.
       
       Bisher nämlich genossen Homo-Paare in Italien keinerlei gesetzliche
       Absicherung: Für den Staat waren sie als Paare schlicht inexistent. „Ehe“
       ist die jetzt verabschiedete Partnerschaft auch weiterhin nicht, doch die
       „Zivilunion“ stellt gleichgeschlechtliche Paare beim Erb- und beim
       Namensrecht, bei Rentenansprüchen und bei Sozialleistungen gleich.
       
       Jahrzehntelang hatten die katholische Kirche und ihre Verbündeten in der
       Politik solche Regelungen bisher zu verhindern gewusst: Immer wieder hatten
       sie erfolgreich Massen auf der Straße und Papst-hörige Politiker in den
       Institutionen mobilisiert, um auch nur die kleinsten Zugeständnisse zu
       verhindern. Ihren letzten Anlauf hatten sie mit dem „Family Day“ am 30.
       Januar 2016 genommen, als in Rom einige Hunderttausend von katholischen
       Verbänden zusammengetrommelt kamen.
       
       Doch Renzi, selbst praktizierender Katholik, hatte schon bei seiner
       Regierungsübernahme vor gut zwei Jahren die Homo-Ehe zu einer seiner
       politischen Prioritäten erklärt. Auf dem Papier schienen die
       Mehrheitsverhältnisse klar. Seine eigene Partito Democratico hatte die
       Zivilunion schon in ihr Wahlprogramm von 2013 aufgenommen, und dafür ist
       auch die größte Oppositionskraft, die Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillos.
       
       Wirklich geklappt hat es aber wohl auch, weil die eifernden Katholiken
       diesmal weitgehend ohne die Unterstützung ihrer obersten vorgesetzten
       Behörde auskommen mussten. Anders als Papst Ratzinger oder Johannes Paul
       II. hält Franziskus sich und die Kurie aus der italienischen Politik raus;
       und auch die nationale Bischofskonferenz verzichtete diesmal darauf, den
       Klerus für Kampagnen gegen die Homo-Ehe einzuspannen.
       
       Noch aber geben die frommen Hardliner nicht auf. Sie wollen nun zu einem
       Referendum gegen das neue Gesetz aufrufen. Das aber dürften sie klar
       verlieren, denn eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung begrüßt die
       Einführung der Homo-Ehe.
       
       12 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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