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       # taz.de -- Gedenkort für Burak Bektaş: Neukölln mit Erinnerungsproblemen
       
       > Eine Initiative will einen Gedenkort für den ermordeten Burak Bektaş
       > einrichten. Die Neuköllner Politik hadert mit der antirassistischen
       > Ausrichtung des Mahnmals.
       
   IMG Bild: Die Initiative geht von einem rassistisch motivierten Mord aus und will das auch bei der Gestaltung des Gedenkorts zum Ausdruck bringen
       
       Die Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş kämpft für
       einen Gedenkort in der Nähe des Tatorts in Neukölln. Am Donnerstag stellte
       sie ihr Konzept dem Integrationsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung
       (BVV) vor.
       
       Erst Anfang Mai hatte die BVV-Mehrheit für die Errichtung eines Gedenkorts
       durch die Initiative gestimmt – die CDU-Fraktion war dagegen. Trotz des
       grundsätzlich positiven Beschlusses herrscht keine Einigkeit in Fragen der
       Umsetzung und inhaltlichen Ausrichtung.
       
       Am 5. April 2012 war der 22-jährige Bektaş in Neukölln auf offener Straße
       erschossen worden, zwei seiner Freunde hatten schwere Verletzungen
       erlitten. Der unbekannte Täter war anschließend spurlos verschwunden. Bis
       heute ist der Mord nicht aufgeklärt. Drei Jahre später wurde der Brite Luke
       Holland in Neukölln ebenfalls auf der Straße erschossen. Seit Anfang April
       läuft der Prozess gegen den Tatverdächtigen Rolf Z. Auf einer Gedenkdemo
       für Burak Bektaş Mitte April forderte der Rechtsanwalt der Familie die
       Polizei und die Staatsanwaltschaft auf, den Angeklagten auch in diesem Fall
       stärker ins Visier zu nehmen.
       
       ## Parallelen zum NSU?
       
       War Rassismus das Tatmotiv? Die Initiative zur Aufklärung des Mordes stellt
       diese Frage seit Jahren und verweist auf potenzielle Parallelen zum
       NSU-Komplex. Der Gedenkort soll laut Initiative daran erinnern, dass der
       Mord nicht aufgeklärt ist. Er verweise aber auch auf weitere unaufgeklärte
       Morde an MigrantInnen und den alltäglichen Rassismus in Neukölln.
       
       „Es ist ein Ort des Lernens geplant, an dem sich SchülerInnen und andere
       Interessierte mit Rassismus auseinandersetzen können“, sagt Kerstin Meyer
       von der Initiative. Der Wunsch nach einem öffentlichen Ort, der Platz für
       Erinnerung und Trauer bietet, wird auch von Melek Bektaş, der Mutter des
       Ermordeten, unterstützt. Geplant seien Mahnwachen und Treffen zu Geburtstag
       und zu Todestag.
       
       Bezirksstadtrat Jan-Christopher Rämer (SPD) begrüßte im
       Integrationsausschuss die Schaffung eines Orts für antirassistische
       Bildungsarbeit. „Fakt ist, dass ein junger Neuköllner auf offener Straße
       erschossen wurde. Das allein ist ausschlaggebend, sich mit der Schaffung
       eines Gedenkorts zu beschäftigen“, antwortete Rämer auf die Frage, ob er
       die Ausrichtung des Denkmals unterstütze, die auf ein rassistisches Motiv
       anspiele. Der Grundsatzbeschluss der BVV liege vor. Noch unklar sei, wie
       das Konzept der Initiative am Ende umgesetzt werde.
       
       Hier gibt es Konfliktpotenzial. Denn die Initiative hat bereits ganz
       konkrete Pläne für die Gestaltung des Lern- und Gedenkorts ausgearbeitet
       und pocht darauf, dass die inhaltliche Ausrichtung eine antirassistische
       ist. Der Bezirk will sich nicht festlegen lassen, da die Hintergründe des
       Mordes bis heute nicht aufgeklärt sind.
       
       „Wir hoffen natürlich, dass uns das Bezirksamt unterstützt und wir in den
       nächsten Wochen einen deutlichen Beschluss der BVV erhalten“, sagte Ralf
       Fischinger von der Initiative. Dabei spielte er auch auf die bevorstehenden
       Bezirks- und Abgeordnetenhauswahlen an. Eine Forderung der Initiative an
       den Bezirk ist, dass dieser die Grünfläche an der Rudower Straße zur
       Verfügung stellt. Zudem fordert man die Unterstützung durch den Senat in
       anderen Genehmigungsfragen. „Und das noch vor den Wahlen“, so Fischinger im
       Ausschuss.
       
       Jan-Christopher Rämer äußrerte dagegen die Hoffnung, „dass einzelne Akteure
       das Thema Gedenkort nicht für den Wahlkampf instrumentalisieren.“ Das, so
       der Bezirksstadtrat, „wäre pietätslos gegenüber den Angehörigen“.
       
       Die Initiative will sich jetzt um die Finanzierung ihres Konzepts kümmern.
       Die benötigten 25.000 Euro wolle man bei Stiftungen und Projektfonds
       beantragen, auch sei ein Crowdfunding geplant. Im Frühjahr 2018 solle das
       von der Kreuzberger Künstlerin Zeynep Delibalta gestaltete Denkmal in der
       Mitte des Gedenkorts eingeweiht werden.
       
       27 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eva Schneider
       
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