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       # taz.de -- Motorräder mit Elektroantrieb: Rollt bei ihm
       
       > Die Firma unu verkauft strombetriebene Motorräder nach chinesischem
       > Vorbild. Sie will damit die Mobilität in Metropolen verändern.
       
   IMG Bild: Roller fahren, ohne der Natur zu schaden? Geht
       
       BERLIN taz | Die entscheidende Idee kam Pascal Blum in Peking. 2012
       absolvierte er als Student der Wirtschafts- und Politikwissenschaften ein
       Auslandssemester in der chinesischen Hauptstadt. „Die Entfernungen waren so
       groß, der Verkehr so dicht und das öffentliche Transportnetz so lückenhaft,
       dass Verabredungen mit Freunden schwierig waren.“ Seine Lebensqualität sei
       sprunghaft angestiegen, als Blum einen Elektroroller erwarb. „Plötzlich war
       es kein Problem mehr, zwei, drei Verabredungen in einen Nachmittag zu
       packen.“
       
       Dieses Fortbewegungsmittel für Großstädte sollte es auch in Deutschland
       geben, fand Blum. Die Chinesen sind vorne – in vielen ihrer Metropolen ist
       der Verkauf von kleinen Motorrädern mit Verbrennungsmotor schon verboten.
       
       2013 startete Blum also seine Firma, die ihren Sitz nun am Tempelhofer Ufer
       in Berlin-Kreuzberg hat. Er und sein Mainzer Schulfreund Elias Atahi
       gründeten das Unternehmen mit Unterstützung der Technischen Universität
       München. Es heißt unu, was in Esperanto „einzigartig“ bedeutet. Heute ist
       Blum 26 und Geschäftsführer einer Firma mit 30 Leuten.
       
       Der Roller, den Blum für eine Testfahrt durch Kreuzberg zur Verfügung
       stellt, ähnelt im Design der Großmutter aller Roller, der italienischen
       Vespa. Er zieht erstaunlich gut an. Schnell ist man bei 45
       Stundenkilometern, wo der Antrieb gesetzlich gedrosselt ist. Mit einer
       Batterie, die sich an jeder Steckdose aufladen lässt, schafft man eine
       Entfernung von 50 Kilometern. Die Sitzbank bietet Platz für zwei Akkus,
       wodurch die Reichweite auf 100 Kilometer steigt.
       
       Das entscheidende Argument gegenüber herkömmlichen Rollern ist der
       Ökovorteil. Die klimaschädlichen Emissionen während der Fahrt betragen null
       – wegen des Elektroantriebs. Wenn man keinen Vertrag mit einem
       Ökostrom-Lieferanten hat, verursachen die Roller allerdings trotzdem eine
       Belastung mit Kohlendioxid. Schließlich wird die Elektrizität in
       Deutschland noch zu gut zwei Fünfteln aus Stein- und Braunkohle gewonnen.
       Den CO2-Ausstoß pro gefahrenem Kilometer gibt Blum mit 16 Gramm pro
       Kilometer an. Zum Vergleich: Benzin-Roller sind beispielsweise für 60 bis
       80 Gramm klimaschädlicher Gase pro Kilometer verantwortlich.
       Durchschnittliche Pkw können bei 150 Gramm liegen.
       
       ## Nur auf Anfrage
       
       Der Markt für Elektroroller in Deutschland ist noch sehr klein.
       Wahrscheinlich fahren bisher nur gut 10.000 elektrisch. Der weitaus größte
       Teil der insgesamt zwei Millionen Fahrzeuge bis 50 Kubikzentimeter Hubraum
       braucht Treibstoff auf Erdölbasis.
       
       Unu produziert seine Roller nur auf Anfrage, nicht auf Vorrat. Rund 2.000
       Exemplare, die inklusive einer Batterie mindestens 1.699 Euro kosten, sind
       nach Blums Angaben inzwischen auf deutschen Straßen unterwegs. Um die
       Position des Marktführers konkurriert man mit der Firma Emco aus Lingen,
       die hierzulande jährlich gut tausend vergleichbare Roller verkauft. Weitere
       Mitbewerber sind Kumpan und Govecs. Genaue Stückzahlen veröffentlichen die
       Unternehmen nicht.
       
       Die Batteriezellen der unu-Roller stammen vom Unternehmen LG in Südkorea,
       die Fahrzeuge werden in China zusammengebaut. Unu lässt sich garantieren,
       dass dort sämtliche Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)
       eingehalten werden. Dazu gehört, dass die maximale Arbeitszeit von 48
       Stunden pro Woche nicht überschritten wird. Nach Angaben der Beschäftigten
       sei die Bezahlung in Ordnung, sagt Blum, der die Fertigungsstätte mit
       seinem Team öfters besucht. Überprüfen lassen sich diese Angaben nicht,
       weil unu den Namen und Standort der Fabrik nicht preisgibt.
       
       Zahlen zu Gewinn und Umsatz verrät Blum ebenfalls nicht. Das operative
       Geschäft der GmbH sei im schwarzen Bereich, während man jedoch stark in die
       Produktentwicklung und Expansion investiere. Mehrere Risikoinvestoren haben
       unu insgesamt 3,5 Millionen Euro Kapital zur Verfügung gestellt, die später
       durch einen möglichen Börsengang oder eine Übernahme verzinst werden
       könnten. Alle Mitarbeiter sind am Unternehmen beteiligt.
       
       6 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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