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       # taz.de -- Protestaktion „Ende Gelände“: Dem Kraftwerk geht die Kohle aus
       
       > Tausende Demonstranten schneiden in der Lausitz ein Kraftwerk vom
       > Nachschub ab. Betreiber Vattenfall muss es herunterfahren.
       
   IMG Bild: Hier kommt kein Zug mehr durch: Zufahrtsgleis in der Lausitz
       
       WELZOW taz | Als die Polizei am Abend direkt vor dem Braunkohlekraftwerk
       „Schwarze Pumpe“ doch noch die Schlagstöcke herausholt, dampft nur noch
       einer der beiden Kühltürme wie zuvor. Aus dem anderen steigt fast kein
       Dampf mehr auf. Das ist das Zeichen: Das Kraftwerk fährt nicht mehr auf
       voller Leistung, weil der Nachschub an Kohle knapp wird. Auch ein
       Vattenfall-Sprecher bestätigt: Die Leistung des Kohlekraftwerks sei
       vorsorglich heruntergefahren worden, „um vorerst mit den Reserven
       auszukommen“. Die AktivistInnen, die im Rahmen der Aktion „Ende Gelände“
       seit Freitag die Zufahrtswege zum Kraftwerk an vielen Stellen blockiert
       halten, wollten genau das erreichen: das Ende der Kohleverbrennung.
       Zumindest hier, an diesem Wochenende. Sie wollen erzwingen, dass das
       Kraftwerk die Verbrennung komplett einstellen muss.
       
       Dass dieser Konflikt die Gesellschaft spaltet, war am Wochenende zunächst
       kaum zu bemerken. Wo immer die Kohle-GegnerInnen auf die Schienen gingen,
       stießen sie kaum auf Widerstand. Polizei und der Werkschutz von Vattenfall
       waren bis zum Samstagabend kaum zu sehen – [1][dabei hatten die Aktivisten
       bereits am Freitagmittag mit teils spektakulären Protestaktionen begonnen].
       
       Zunächst waren hunderte von ihnen in einen Tagebau bei Welzow eingedrungen.
       Dutzende besetzten dort auch über Nacht zwei Radschaufelbagger. Vor allem
       hatten die Besetzerinnen und Besetzer es allerdings auf die Schienennetze
       rund um das Kraftwerk abgesehen. Auf einem Schienenstück bei Roggosen
       hatten sich vier Personen mit einer Betonpyramide verbarrikadiert. Zwei von
       ihnen verketteten ihre Arme in einem unter den Gleisen verlegten Stahlrohr.
       Zwei andere in einer darüber positionierten Betonpyramide. Die Polizei
       musste die Gleise zersägen. Auch 24 Stunden später war die Barrikade noch
       nicht geräumt.
       
       [2][Auch auf zahlreichen anderen Gleisabschnitten entstanden Blockaden].
       Mehrere hundert Menschen besetzten die zentrale Verladeanlage, mit der die
       Kohle aus dem Braunkohletagebau auf die Züge geladen wird, die zum
       Kraftwerk fahren. Auch hier ging die Polizei selbst nach 24 Stunden nicht
       gegen die Besetzer vor. Sie haben auf und rund um die Verladeanlage
       Schlafplätze errichtet. Manche schlafen auf dem Förderband selbst.
       
       Weitere Schienenabschnitte wurden am Samstag in unmittelbarer Nähe zum
       Kraftwerk von über 1.000 Menschen besetzt. Auch als eine Gruppe auf den
       Schienen direkt bis zum Kohlebunker auf dem Kraftwerksgelände ging,
       passierte nichts. Und so steht – Bilanz Samstagabend – dieser
       Polizeieinsatz kurz davor, als defensivster Einsatz in der deutschen
       Protestgeschichte einzugehen. Selbst viele Demonstranten waren überrascht
       von der zurückhaltenden Einsatztaktik, die unter Innenministern noch für
       Gesprächsstoff sorgen dürfte. Denn: Sie ging weitestgehend auf. Es gab
       keinen einzigen brennenden Strohballen, keinerlei Anzeichen von Gewalt –
       wie es ein Lausitzer Bündnis in der gesamten Region als Warnung hatte auf
       Plakate drucken lassen.
       
       Erst nachdem am Nachmittag mehrere hundert AktivistInnen durch einen
       zerstörten Zaun direkt aufs Kraftwerksgelände marschiert waren, drehte sich
       die Stimmung. Als sie das Gelände bereits wieder verlassen hatten,
       attackierten Polizei und Werkschutz einzelne Aktivisten. Bei den
       Festnahme-Versuchen wurden mehrere Personen verletzt. Etwa 100
       AktivistInnen wurden schließlich von der Polizei eingekesselt. Was mit
       ihnen geschieht, war am frühen Abend noch unklar. Ihnen wird laut Polizei
       schwerer Landfriedensbrch vorgeworfen. Mehr Details nannte eine Sprecherin
       zunächst nicht.
       
       14 May 2016
       
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