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       # taz.de -- Neuer türkischer Ministerpräsident: Erdoğan-Mann Yıldırım nominiert
       
       > Erst war er Verkehrsminister. Jetzt soll Binali Yıldırım Regierungschef
       > werden. Seine gesamte Karriere hat er im Windschatten Erdoğans verbracht.
       
   IMG Bild: Soll auf Davutoğlu folgen: Binali Yıldırım
       
       ISTANBUL taz | Nach einem Treffen des erweiterten Parteivorstandes der
       regierenden AKP hat Geschäftsführer Ömer Çelik gestern unter großem Jubel
       bekanntgegeben, dass Verkehrsminister Binali Yıldırım neuer Parteichef und
       damit auch neuer Ministerpräsident der Türkei werden soll. Yıldırım war der
       einzige Kandidat und wird am Sonntag auf einem außerordentlichen Parteitag
       der AKP formal bestätigt werden.
       
       Die Wahl Yıldırıms wurde nötig, weil der amtierende Ministerpräsident Ahmet
       Davutoğlu vor zwei Wochen nach einer Audienz bei Präsident Recep Tayyip
       Erdoğan verkündete, [1][dass er den Parteivorsitz niederlegen und sein Amt
       als Ministerpräsident aufgeben werde]. Trotz des Rauswurfs durch Erdoğan
       kündigte Davutoğlu an, weiter loyal zum Präsidenten zu stehen. Wie um das
       unter Beweis zu stellen, war Davutoğlu am Wochenende bei der Hochzeit der
       Erdoğan-Tochter Sümmeye Trauzeuge.
       
       Mit Yıldırım tritt ein Mann die Nachfolge Davutoğlus an, bei dem nicht nur
       die Loyalität zum Präsidenten außer Frage steht, sondern der in seiner
       bisherigen Laufbahn nie mit einer originellen Idee oder Aktion aufgefallen
       ist. Yıldırım ist ein typischer Mann der zweiten Reihe. Seine gesamte
       Karriere hat der 60-jährige Mann aus dem ostanatolischen Erzincan im
       Windschatten Erdoğans verbracht.
       
       Als Erdoğan Anfang der 90er Jahre Bürgermeister von Istanbul wurde, wurde
       Yıldırım Chef der Fährgesellschaft. Schließlich hatte er Schiffsbau
       studiert. Er war bei der Gründung der AKP Anfang der 2000er Jahre an
       Erdoğans Seite und Mitglied des ersten Kabinetts Erdoğan.
       
       Yıldırım ist eigentlich kein Politiker, sondern ein Technokrat. Er hat
       Großprojekte Erdoğans erfolgreich gemanagt, so die Marmaray-Bahn unter und
       die dritte Brücke über den Bosporus, die in August eröffnet wird. Mit dem
       bereits im Bau befindlichen dritten Großflughafen für Istanbul und dem
       geplanten, aus ökologischer Sicht wahnwitzigen neuen Kanal zwischen dem
       Schwarzen und dem Marmarameer kann Yıldırım als Ministerpräsident gleich
       weitermachen.
       
       ## Aus dem Kreis der alten Kameraden
       
       Yıldırım (was übrigens Blitz heißt) ist so etwas wie die letzte Reserve
       Erdoğans aus dem Kreis der alten Kameraden. Nach Yıldırım wächst in der AKP
       eine neue Funktionärsgeneration wie der jetzige Generalsekretär Ömer Çelik
       heran, die nichts anderes kennt als Erdoğan, den großen Führer. Als Çelik
       Yıldırım als Nachfolger von Davutoğlu ankündigte, stellte er zugleich klar,
       dass Präsident Erdoğan der eigentliche Parteiführer und Regierungschef sein
       werde. Zwischen Partei und Erdoğan passe „kein Blatt“ sagte er.
       
       Für die EU bedeutet Yıldırım, dass deren Vertreter in Brüssel künftig einem
       Überbringer der Nachrichten des Präsidenten gegenübersitzen werden. Was
       Erdoğan von der EU hält, wurde jetzt erneut deutlich, als der
       EU-Botschafter in Ankara, Hansjörg Haber, ins Außenministerium einbestellt
       wurde. Er hatte gegenüber Journalisten angedeutet, dass die Türkei die von
       der EU gestellten Bedingungen für die Aufhebung der Visapflicht wohl nicht
       erfüllen könne.
       
       19 May 2016
       
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