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       # taz.de -- LGBTIs auf den Philippinen: Jesus findet's voll okay
       
       > Auf den katholischen Philippinen hat sich eine kleine Sensation ereignet.
       > Mit Geraldine Roman zieht die erste Transperson ins Parlament ein.
       
   IMG Bild: Die Philippinen werden toleranter: Geraldine Roman bei einer Wahlkampfveranstaltung
       
       Der großschnauzige Rüpel und [1][zukünftige Präsident Rodrigo Duterte
       beherrschte nach den Wahlen auf den Philippinen die internationalen
       Schlagzeilen]. Der umstrittene Rechtspopulist bezeichnete unter anderem den
       Papst als Hurensohn, machte sich über ein Missbrauchsopfer lustig und will
       bald nach dem Motto „Null Toleranz“ gegen Kriminelle im Land vorgehen. Wenn
       nötig würde er sie auch zweimal hängen.
       
       Doch die Wahl schrieb auch eine andere Geschichte: Mit Geraldine Roman
       zieht die erste Transperson ins philippinische Parlament ein. Mit 62
       Prozent der Stimmen wird sie künftig die nördliche Provinz Bataan im
       Abgeordnetenhaus vertreten.
       
       In dem mehrheitlich konservativ geprägten Land ist das eine kleine
       Sensation. Über 80 Prozent der Filipinos sind katholisch, die meisten davon
       streng praktizierend. Anders als in Deutschland sind die Kirchen dort
       sonntags rappelvoll. Besonders in ländlichen Gebieten hat die Kirche großen
       Einfluss auf Politik und Gesellschaft. Neben dem Vatikan sind die
       Philippinen außerdem das einzige Land, in dem es kein Scheidungsrecht gibt,
       auch Abtreibung und Homo-Ehe sind verboten. Ein tiefer Einschnitt in die
       sexuelle Selbstbestimmung wurde zuletzt 2001 unternommen: Ein Gesetz macht
       es Transpersonen seitdem unmöglich, Geschlecht und Namen zu ändern.
       
       An diesem Gesetz stört sich auch Geraldine Roman. Die 49-Jährige lebt seit
       den 1990ern als Frau und hatte damals noch die Möglichkeit, Name und
       Geschlecht zu ändern. Die praktizierende Katholikin unterzog sich mit 26
       Jahren einer Geschlechtsumwandlung in New York, nicht aber ohne zuvor die
       Ordensgemeinschaft der Jesuiten dazu zu konsultieren. „Der Körper ist nur
       eine Hülle“, hatten sie ihr damals geantwortet und das Vorhaben abgesegnet.
       
       Während des Wahlkampfes hatte Roman zahlreiche Anfeindungen erfahren
       müssen. „Die Politik des Hasses, der Bigotterie und der Vorurteile hat
       nicht gesiegt. Was gesiegt hat, waren Akzeptanz, Liebe und Toleranz“, sagte
       sie nach ihrem Sieg. Eine eindrucksvolle Botschaft in einem Land, das zwar
       offiziell Homosexualität erlaubt, in dem Betroffene aber in der Realität
       noch immer diskriminiert werden. Kein_e Landespolitiker_in tritt dort offen
       homosexuell auf.
       
       ## Hoffnung der LGBTI-Community
       
       Roman hat zwei Master-Abschlüsse, spricht fließend Spanisch, Französisch
       und Italienisch. Sie arbeitete als Journalistin bei der spanischen
       Nachrichtenagentur EFE. Jetzt folgt sie ihrer Mutter Herminia Roman ins Amt
       nach. Die Familie hat seit langer Zeit Einfluss in der Region. Das ist auf
       den Philippinen nicht ungewöhnlich – immer noch bestimmen einige wenige
       Familien die Politik sowohl auf Landes- als auch auf Lokalebene. Ihren
       Wahlerfolg hat Roman wohl vor allem diesem Umstand zu verdanken.
       
       Trotzdem ist der Jubel der philippinischen LGBTI-Community groß. Das sieht
       auch Roman so: „Allein der Fakt, dass jemand wie ich in den Kongress
       einziehen kann, ist ein Statement.“ Ihr Sieg zeigt auch, dass die
       Gesellschaft langsam liberaler wird. Die Akzeptanz von Homosexualität ist
       in den letzten Jahren gestiegen und auch in der Hauptstadt Manila gibt es
       mittlerweile eine kleine LGBTI-Community
       
       In Manila gibt es mittlerweile eine kleine LGBTI-Community und auch die
       Akzeptanz von Homosexualität ist in den letzten Jahren gestiegen. In Quezon
       City, einem Teil von Metro Manila, wurde 2014 zudem eine [2][Verordnung zum
       Schutz sexueller Minderheiten vor Diskriminierung erlassen] – gegen den
       Widerstand der Kirche.
       
       Antidiskriminierung steht auch auf Geraldine Romans Agenda. Sie möchte ein
       entsprechendes landesweites Gesetz voranbringen, das schon seit langer Zeit
       ohne großer Beachtung im Parlament herumliegt. Während des Wahlkampfes
       wurde Roman wiederholt vorgeworfen, sie vertrete als Politikerin nur dieses
       einzige Thema und sei deshalb nicht ernst zu nehmen. Auf Genderthemen will
       sie sich aber nicht beschränken.
       
       „Gleichberechtigung zielt nicht nur auf das Geschlecht ab, sondern auch auf
       den sozialen und wirtschaftlichen Status. Ob arm oder reich, ob gebildet
       oder nicht, jede_r sollte die gleichen Möglichkeiten haben“, sagte Roman.
       Deshalb will sie die Infrastruktur, Chancen auf Bildung und das
       Gesundheitssystem verbessern. Themen, die im Wahlprogramm des zukünftigen
       Präsidenten nur wenig Beachtung fanden.
       
       20 May 2016
       
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