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       # taz.de -- 30 Jahre Bundesumweltministerium: Die Welt retten, egal wer regiert
       
       > Große Umwelt-Erfolge in der Vergangenheit, große Klima-Probleme in der
       > Gegenwart. Das Bundesumweltministerium wird 30.
       
   IMG Bild: Der erste Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) durchquerte im September 1988 den Rhein bei Mainz
       
       Berlin taz | So viel Einigkeit ist nicht selbstverständlich, wenn
       PolitikerInnen von CDU, SPD und Grünen gemeinsam auf einer Bühne stehen.
       Doch das Umweltministerium schweißt offenbar zusammen.
       
       Beim 30-jährigen Geburtstag des Hauses findet die amtierende SPD-Ministerin
       Barbara Hendricks am Montag für alle ihre AmtsvorgängerInnen lobende Worte.
       Für Kanzlerin Angela Merkel, die den Klimaschutz vorangebracht habe. Für
       Grünen-Urgestein Jürgen Trittin, der den ersten Atomausstieg durchgesetzt
       hat.
       
       Für SPD-Chef Sigmar Gabriel, der vor allem die ökonomischen Chancen des
       Umweltschutzes gesehen habe. Für Klaus Töpfer, der es mit seinem mit Sprung
       in den Rhein zu weltweiter Bekanntheit brachte und dem Thema als
       UN-Umweltchef treu blieb. Für Kanzleramtschef Peter Altmaier, der den
       Konsens über die neue Endlager-Suche schaffte.
       
       Sogar für den glücklosen CDU-Mann Norbert Röttgen findet Hendricks ein paar
       nette Worte. Er ist vor allem für die umstrittene Laufzeitverlängerung der
       Atomkraftwerke in Erinnerung geblieben – „nicht mein größter persönlicher
       Erfolg“, wie er heute selbytkritisch einräumt.
       
       ## Klare Mission
       
       Diese Einigkeit liegt für Altmaier an der klaren Mission des
       Umweltministeriums: „Die Rettung der Welt, egal wer regiert.“ Und damit ist
       das Haus durchaus vorangekommen: In den frühen Jahren – thematisch von
       Robbensterben, saurem Regen und Ozonloch dominiert – wurde die deutsche
       Wirtschaft auf Ökokurs getrimmt. Das reduzierte nicht nur die sicht- und
       riechbaren Schadstoffe, sondern wirkte auch als Konjunkturprogramm für die
       Anlagenbauer, von Schwefelfiltern bis zu Kläranlagen. Unter Töpfer schaffte
       das Ministerium schließlich mit dem „Grünen Punkt“ zumindest den Einstieg
       in die Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen und Energie schont.
       
       Seit den neunziger Jahren rückten das Klimathema und internationale
       Umweltprobleme in den Fokus des Ministeriums und der Öffentlichkeit:
       Deutschland wurde zu einem wichtigen Finanzier des globalen Klimaschutzes,
       aber auch anderer internationaler Öko-Anstrengungen.
       
       ## Bedeutung geschmälert
       
       Wichtigster Beitrag der Deutschen zur globalen Energiewende ist aber wohl
       die Nachfrage nach Wind- und vor allem Solaranlagen, die weltweit einen
       Markt schufen und die Preise für die Ökotechniken massiv nach unten
       trieben. Dass das Umweltministerium die Zuständigkeit für diesen Bereich
       ans Wirtschaftsressort abgeben musste, hat die Bedeutung des Hauses zuletzt
       deutlich geschmälert.
       
       Und auch der Blick in die Zukunft ist nicht frei von Sorgen: Die
       Zuständigkeit für den Klimaschutz hat das Ministerium behalten, doch hier
       droht Deutschland sein selbst gestecktes Ziel für das Jahr 2020 zu
       verfehlen – auch weil andere Ressorts nicht mitziehen. Eine
       klimafreundlichere Verkehrs- und Landwirtschaftspolitik ist nicht in Sicht,
       und das Wirtschaftsministerium leistet Widerstand gegen den notwendigen
       Ausstieg aus der Kohle.
       
       An dieser Stelle blitzte zumindest ein wenig Streit auf: „Wir können uns
       nicht international für unser Klimaengagement feiern lassen und zu Hause
       alles beim Alten lassen“, mahnte Hendricks mit Blick auf Gabriel und
       Merkel.
       
       Doch von der Kanzlerin kam kein klares Signal, dass sie noch immer zur
       Mission Weltrettung steht. Die nationale Umsetzung der Klimaziele bleibe
       „ein schwieriger Weg“, sagte sie lediglich. Und: „Wir müssen noch ganz
       schön arbeiten.“
       
       6 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
   DIR Bernhard Pötter
       
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