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       # taz.de -- Kommentar Gauck-Nachfolge: Hallo? Noch wach, ihr Linken?
       
       > Lammert, Käßmann, Boateng: Die Liste der möglichen Gauck-Nachfolger ist
       > lang. Aber wo sind eigentlich die linken Kandidaten?
       
   IMG Bild: Geräumig, in guter Lage und bald wieder zu haben: Schloss Bellevue
       
       Hallo? Noch jemand wach im links bis linksliberal fühlenden Teil
       Deutschlands? Offenbar nicht. Die Mehrheit der Reaktionen auf den Rückzug
       von Bundespräsident Joachim Gauck zeugt von Lethargie und Fatalismus. Ach,
       ein wirklich linker Kandidat hat ja eh keine Chance, scheinen die meisten
       zu denken und wie das Kaninchen vor der Merkel auf den nächsten taktischen
       Sieg der Kanzlerin zu warten. Gibt es keine Alternative mehr außer AfD?
       
       Okay, klar, Jérôme Boateng wird’s nicht, schon weil er zu jung ist. Aber
       heißt das im Umkehrschluss, dass SPD und Grüne Norbert Lammert oder
       irgendeinen anderen Merkel genehmen Konsensonkel mitwählen müssen? Oder
       dass sie Merkel wieder indirekt zum Erfolg verhelfen, weil sich die
       Rot-Rot-Grünen von vornherein aufsplitten, ohne mögliche Gemeinsamkeiten
       auch nur auszuloten? Ist die kritische Klasse wirklich dermaßen
       eingeschläfert durch elf Jahre Merkel und vier Jahre Gauck? Ist den Kräften
       links der sogenannten Mitte sogar das vorsichtige Nachdenken über mögliche
       Mehrheiten ohne Merkel endgültig ausgetrieben worden? Himmel, hilf!
       
       Oder wenn es sein muss, auch Friedrich Schorlemmer oder Margot Käßmann.
       Rote Ampel hin, Nervensägen her: Gebraucht wird eine von Dunkelrot bis Grün
       wählbare Person, die ein Zeichen setzt gegen die lähmende große
       Merkel-Koalition, die von Afghanistan bis TTIP und von Grenzöffnung bis
       Türkei-Deal alles durchwinkt, was Merkel gerade nützt.
       
       Klar ist eine wirklich überzeugende linke Gegenstimme schwierig zu finden
       und durchzusetzen. Sie müsste auch nicht offiziell von SPD, Grünen und
       Linken nominiert werden. Aber wenigstens als Option für den dritten
       Wahlgang sollte die Chance darauf erhalten bleiben. Und sei es nur, damit
       die zögerlichen Grünen irgendwann Farbe bekennen müssen.
       
       Im Übrigen helfen auch gegen die AfD keine möglichst großen Koalitionen,
       die als Kungelei des Establishments gebrandmarkt werden, sondern im
       Gegenteil klar unterscheidbare Konkurrenzprodukte innerhalb des
       demokratischen Spektrums: Eine von Merkel nominierte CSU-Frau Gerda
       Hasselfeldt etwa gegen Käßmann – das hätte Reiz. Und wer die längst
       gesühnte Verkehrsverfehlung für ein übergroßes Hindernis hält, braucht über
       neue Mehrheiten für eine neue Politik auch nicht nachzudenken.
       
       7 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lukas Wallraff
       
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