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       # taz.de -- Terror in West-Kasachstan: Schuldig trotz fehlender Beweise
       
       > Kasachstans Regierung macht muslimische Extremisten für Anschläge
       > verantwortlich. Diese könnten aber auch Ausdruck wachsender
       > Unzufriedenheit im Land sein.
       
   IMG Bild: Blumen für die Opfer: einer der Anschlagsorte in Aktobe
       
       Berlin taz | Mindestens 19 Tote und Dutzende Verletzte: So lautet die
       Bilanz mehrerer Anschläge und einer anschließenden Antiterroraktion von
       Sicherheitskräften in der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan.
       
       Am vergangenen Wochenende hatten rund 30 bewaffnete Personen in der
       westkasachischen Stadt Aktobe zwei Waffengeschäfte und eine Kaserne
       angegriffen. Bei Letzterer hatten die Angreifer das Tor mit einem Bus
       durchbrochen.
       
       Für das autoritäre Regime des seit 1989 regierenden Staatschefs Nursultan
       Nasarbajew waren die Schuldigen, von denen 13 getötet wurden, vier in
       Gewahrsam und acht noch flüchtig sind, schnell verortet. Alle seien
       Anhänger von „radikalen und nichttraditionellen religiösen Bewegungen“,
       teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit. Mit dieser Floskel werden in
       Kasachstan normalerweise muslimische Extremisten tituliert.
       
       Sollte sich die offizielle Einschätzung der Behörden, für die es bislang
       keine Beweise gibt, als richtig erweisen, wären die Anschläge in Aktobe
       nicht der erste Vorfall dieser Art in dem mehrheitlich von Muslimen
       bewohnten Staat in Zentralasien.
       
       ## Erster Selbstmordanschlag 2011
       
       Bereits im Jahr 2011 sprengte sich, ebenfalls in Aktobe, der 25-jährige
       Rahimjan Machkatow in die Luft. Bei dem Selbstmordanschlag wurden zwei
       weitere Menschen verletzt. Als Folge dieses Anschlags verstärkte die
       Regierung die Kontrolle islamischer Gruppierungen. Kasachische Medien
       berichteten von Salafisten, die vor allem im Westen Kasachstans aktiv
       seien.
       
       Einigen Beobachter bezweifeln, dass die jüngsten Anschlägen in Aktobe auf
       das Konto muslimischer Extremisten gehen. „Kasachstan bekämpft aktiv den
       sogenannten religiösen Extremismus. Aber über diese Fälle berichten die
       Medien nicht und sie werden auch nicht von Menschenrechtsaktivisten
       untersucht. Manchmal wird eine Gruppe von Personen festgenommen, weil sie
       ein Geschäft ausgeraubt hat und dann angeklagt, den Terrorismus finanziert
       zu haben“, sagt Maria Janowskaja, Spezialistin für Zentralasien, gegenüber
       dem Sender Al Jazeera.
       
       Die Attentate könnten vielmehr auch Ausdruck einer wachsenden
       Unzufriedenheit mit den wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen sein.
       Denn die Auswirkungen sinkender Preise für Öl sind vor allem im Westen des
       Landes, wo sich wichtige Quellen befinden, spürbar.
       
       Vor wenigen Wochen waren in Aktobe, wie auch in anderen Städten, schon
       einmal Tausende gegen die Regierung auf die Straße gegangen. Die in
       Kasachstan eher ungewöhnlichen Unmutsbekundungen richteten sich gegen ein
       neues Gesetz. Dieses sieht die Möglichkeit des Verkaufs von Land an
       Ausländer vor und soll zum 1. Juli in Kraft treten.
       
       Die Kasachen befürchten vor allem einen wachsende Einfluss Chinas Während
       der Proteste wurden Dutzende Demonstranten festgenommen. Ihnen droht jetzt
       eine Anklage wegen versuchten Staatsumsturzes.
       
       7 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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