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       # taz.de -- Flüchtlingsdebatte beim G7-Treffen: Tusk fordert mehr Solidarität
       
       > Der EU-Ratspräsident erwartet ein stärkeres finanzielles Engagement der
       > Industriestaaten in der Flüchtlingskrise. Auf große Unterstützung kann er
       > nicht hoffen.
       
   IMG Bild: Zumindest zwei dieser vier Politiker sind in der Flüchtlingsfrage einer Meinung: Angela Merkel und EU-Ratspräsident Donald Tusk (2.v.r.)
       
       ISE-SHIMA taz | Zumindest zwei Unterstützer weiß Angela Merkel bei der
       Bewältigung der Flüchtlingskrise auf ihrer Seite. EU-Ratspräsident Donald
       Tusk forderte gleich zu Beginn des G7-Gipfels im japanischen Ise-Shima am
       Donnerstagmorgen, dass die Industrienationen sich finanziell stärker
       beteiligen sollen. „Wenn wir nicht die Führung bei der Bewältigung der
       Krise übernehmen, wird es sonst niemand tun“, warnte Tusk. Ihm pflichtete
       der ebenfalls anwesende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei.
       Nur: Inmitten der sieben anwesenden Regierungschefs haben sie am wenigsten
       zu sagen.
       
       Auch im Kreis der Regierungschefs der sieben großen Industrienationen (G7)
       sieht sich die Bundeskanzlerin in der Flüchtlingsfrage allein auf weiter
       Flur. Ursprünglich wollten die anderen lediglich über Terrorismusbekämpfung
       diskutieren. Das Thema „Flüchtlinge“ sei überhaupt erst auf deutsche
       Initiative auf die Tagesordnung gekommen, bestätigte ein Vertreter der
       Bundesregierung. Über beide Themen werde in der gemeinsamen
       Abschlusserklärung reflekiert, heißt es nun.
       
       Konkrete Maßnahmen dürften allerdings nicht beschlossen werden. Die
       Regierungschefs würden sich lediglich auf die Formulierung festlegen, dass
       weder die Flüchtlingsfrage noch die Terrorismusbekämpfung von einem Staat
       allein gelöst werden könnten. Das seien Probleme, die nur gemeinsam durch
       die internationale Gemeinschaft – in dem Fall von den G7 – angegangen
       würden, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung.
       
       EU-Ratspräsident Tusk plädierte am frühen Morgen in einer eigens
       einberufenen Pressekonfrerenz vor allem für mehr Geld für Länder wie die
       Türkei, Jordanien und Libanon, die den Großteil der Schutzsuchenden aus dem
       kriegsgeplagten Syrien versorgen müssen. „Sie leisten damit einen globalen
       Dienst, der dann auch von der internationalen Gemeinschaft finanziert
       werden muss“, forderte Tusk. „Wir erwarten von der Weltgemeinschaft, dass
       sie Solidarität zeigt und anerkennt, dass es sich um eine globale Krise
       handelt.“ Die G7 sollte sich auch darum bemühen, die Möglichkeiten legaler
       Zuwanderung zu verbessern. Zu der G7 gehören neben Deutschland die USA,
       Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada, Italien und auch die Europäische
       Union.
       
       ## USA argumentieren mit Terrorgefahr
       
       Das Interesse der anderen Staaten, in der Flüchtlingskrise mehr
       Verantwortung zu übernehmen, scheint beim G7-Gipfel jedoch gering zu sein.
       Frankreich, Großbritannien und Italien meiden das Thema gänzlich. Offenbar
       schämen sie sich, dass das bereits im vergangenen Herbst vereinbarte
       Abkommen, 160.000 Flüchtlinge innerhalb der EU zu verteilen, bislang kaum
       umgesetzt ist. Auch die USA nehmen gerade einmal ein paar Hundert
       Flüchtlinge auf. Ihre Sicherheitsbehörden begründen diese geringe Zahl
       damit, dass die Terrorismusgefahr steige, wenn so viele Flüchtlinge aus dem
       arabischen Raum in das Land einreisten.
       
       Japan versteckt sich hinter seiner traditionell praktizierten
       Scheckbuchdiplomatie. Die japanische Führung selbst ist gar nicht bereit,
       Flüchtlinge aufzunehmen. Die Bundesregierung erkennt aber an, dass Japan
       bei der Geberkonferenz Anfang Februar in London das Land war, das bereit
       war, am meisten Geld für die Flüchtlingscamps in Jordanien, der Türkei und
       dem Libanon zur Verfügung zu stellen.
       
       Nur Kanadas frisch ins Amt gekommener Premierminister, der liberale Justin
       Trudeau, heißt syrische Flüchtlinge willkommen. Insgesamt will die
       kanadische Regierung in diesem Jahr 44.000 Flüchtlinge direkt aus den
       überfüllten Camps in Jordanien, Libanon und der Türkei aufnehmen. Sie
       arbeitet dafür eng mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen
       (UNHCR) zusammen. Die angepeilte Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge ist
       etwa viermal so hoch wie im vorigen Jahr. Im Verhältnis der insgesamt
       sieben Millionen syrischen Flüchtenden ist das aber dennoch eine eher
       geringe Zahl.
       
       26 May 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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