# taz.de -- Die Wahrheit: Sichtbare Unterhosen
> Endlich gibt es neue Regeln für den Fußball. Exklusiv hier das
> Reformpaket zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich.
IMG Bild: Die erstmals für die EM qualifizierte albanische Nationalmannschaft profitiert vom Aschenputtelparagrafen
Der Ball war viel zu lange viel zu rund. „Zeit, dass sich was dreht“, um es
an dieser Stelle noch einmal mit dem alten Grönemeyer zu sagen. Höchste
Zeit! Deswegen wurde der Ball ja von Hightechingenieuren so lange im
Windkanal optimiert, bis er endlich auch selbstständig um die Ecke fliegen
konnte, also ohne dass der Spieler ihn beim Treten anschneiden musste.
Auch andere, viel zu einfache Fußball-Gesetze wurden mit Hilfe der
reformfreudigen Fachverbände Fifa, Mafia, Uefa, Camorra, und wie sie alle
heißen, abgeschafft. Neben der regulären wurde die irreguläre Spielzeit
eingeführt und internationale Großturniere wurden an fußballaffine,
klimatisch stabile Wüstendiktaturen verkauft. Schließlich wurden
Schiedsrichter serienmäßig mit Sprühsahne am Gürtel ausgestattet, damit sie
das Spiel nicht unterbrechen müssen, wenn sie zwischendurch mal Heißhunger
auf was Süßes bekommen.
Ersatzlos gestrichen wurden ferner folgende überalterte
Fußball-Glaubenssätze: „Wenn der Torwart rauskommt, muss er ihn auch
haben“, „Wenn vorne keiner geht, muss er ihn auch nicht lang spielen“ und
„Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift“. Abseits ist nämlich, wenn
der Assistent, der nicht mehr Linienrichter heißt, sondern Assistent, wenn
also der Assistent mit der Fahne winkt, sobald der abseitsverdächtige
Spieler aktiv an den Ball zu kommen droht, aber nicht, wenn er nur so tut
als ob, sich also unbeteiligt, uninteressiert, phlegmatisch, lustlos –
kurz: passiv verhält.
Zugegeben, das alles ist immer noch zu einfach, also von uns Zuschauern
noch zu leicht zu verstehen, vorausgesetzt, wir haben uns in irgendeiner
Fanmeile nicht allzu emotional dem Public Drinking hingegeben. Damit es
also uns, vor allem aber den Schiedsrichtern nicht zu langweilig wird, hat
das International Football Association Board (IFAB) 95 neue Fußballregeln
eingeführt – rechtzeitig vor Beginn der Fußballeuropameisterschaft in
Frankreich. Sie gelten seit dem 1. Juni 2016.
Die meisten davon müssen wir uns nicht merken. Darin geht es um so
nebensächliche Dinge wie Abseits, Wegfall der Dreifachbestrafung bei
Notbremsen und Verhalten von Schützen und Torhütern beim Ausführen von
Elfmetern.
## Wichtige Neuerungen
Viel wichtiger sind die im Folgenden beschriebenen Neuerungen. „Das
Schleudern des Balles beim Einwurf ist verboten“: Sollte der Ball dem
Einwerfer zu nass sein, darf er ihn also höchstens trocken tupfen oder aber
föhnen.
„Rote Karten können schon vor dem Spiel gezeigt werden“: Das ist besonders
praktisch für Spieler, die keine Lust haben, zu duschen. Bisher mussten sie
vor Platzverweisen immer noch Sport treiben.
„Aschenputtelparagraf“: Verliert der Spieler einen Schuh, darf er bis zur
nächsten Unterbrechung auch auf Socken weiterspielen. Es sei denn, er ruft
„Ruckedigu“. Dann muss er ein Blasenpflaster anlegen, aber in der Farbe der
Stutzen, sonst gibt es eine Karte. Die Farbwahl obliegt dem Schiedsrichter.
Und damit sind wir auch schon bei der wichtigsten Regeländerung: „Sichtbare
Unterhosen müssen in der Farbe der Hose sein.“ Ist die Hose also zum
Beispiel hellgelb mit farblich kontrastierenden Applikationen des
Herstellers, etwa dunklen Streifen, darf die sichtbare Unterhose diese auch
haben. Ansonsten muss sie gewechselt werden. Am besten täglich.
Unsichtbare Unterhosen, gar keine Unterhosen, Intimfrisuren und Tattoos
sind von der 95 neuen Fußballregeln nicht betroffen.
10 Jun 2016
## AUTOREN
DIR Fritz Eckenga
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