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       # taz.de -- Obdachlose Osteuropäer vertrieben: Sie kommen wieder
       
       > Polizisten vertreiben Obdachlose aus dem Park am Altonaer Nobistor. Das
       > sei sinnlos, glaubt „Hinz & Kunzt“-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer.
       
   IMG Bild: Alles weg: Die Osteuropäer müssen sich einen anderen Schlafplatz suchen
       
       HAMBURG taz | Donnerstagmorgen, sieben Uhr: Ein Polizist fährt auf einem
       Fahrrad durch den Park am Altonaer Nobistor. Die Vorhut. Wenige Minuten
       später rücken seine Kollegen mit Mannschaftswagen und einer Hundestaffel
       an. Beauftragt wurden sie vom Bezirksamt Altona. Ihre Aufgabe: die
       Obdachlosen vertreiben, die den Park als Schlafplatz nutzen.
       
       Etwa 30 Menschen haben in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag dort
       geschlafen, manche in Zelten, einige in einem Unterstand nahe der
       Königstraße. Jetzt müssen sie verschwinden.
       
       ## Zu wenige Schlafplätze
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei das Gelände räumt: Bereits vor
       etwa einem Monat mussten die Obdachlosen die Anlage verlassen. Das
       Bezirksamt Altona rechtfertigt die regelmäßigen Räumungen mit der
       städtischen Grünanlagenverordnung, die das Übernachten auf Grünflächen
       verbietet. Außerdem gebe es Beschwerden von Anwohnern, berichtet
       Polizeisprecherin Heike Uhde. Doch die Obdachlosen kommen immer wieder
       zurück.
       
       „Wo sollen sie auch hin?“, fragt Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter des
       Hamburger Straßenmagazins Hinz & Kunzt. Es gebe zu wenige
       Schlafplatzangebote für Obdachlose. Seit dem Ende des Winternotprogramms am
       31. März seien 800 Menschen mehr gezwungen, auf der Straße zu schlafen,
       sagt Karrenbauer.
       
       Vor allem Ungarn und Rumänen übernachten im Park am Nobistor. Sie kamen mit
       der Hoffnung auf einen Arbeitsplatz nach Deutschland, schlafen mittlerweile
       aber auf der Straße. Dass sie in Hamburg keine Arbeit finden, wundert
       Stephan Karrenbauer nicht: „Das ist ein Teufelskreis. Wenn du keine Wohnung
       hast, stellt dich niemand ein. Ohne Job findest du aber auch keine
       Wohnung.“
       
       Die Stadt verlassen werden sie aber trotzdem nicht. Sogar Flaschensammeln
       bringe in Hamburg mehr Geld als ein fester Job in Osteuropa, berichten die
       Obdachlosen dem Sozialarbeiter. Da sei es auch egal, wie oft die
       Polizisten ihnen einen Platzverweis erteilen. „Wer glaubt, die Menschen
       durch Alternativlosigkeit vertreiben zu können, irrt sich“, merkt
       Karrenbauer an.
       
       ## Flüchtlingsunterkünfte stehen leer
       
       Deshalb fordert Hinz & Kunzt, den Obdachlosen die teilweise leer stehenden
       Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung zu stellen. „So hätten sie eine
       Meldeadresse und könnten sich eine Arbeit suchen“, erklärt Karrenbauer.
       Dann sei auch das Problem der „wilden Camps“ gelöst, über die sich
       beschwert wird. Noch mache die Sozialbehörde aber keine Anstalten, diese
       Forderung umzusetzen. Für eine Stellungnahme war sie gestern nicht zu
       erreichen.
       
       Es werde nicht das letzte Mal sein, dass die Polizisten in den Park
       zwischen Nobistor und Königstraße kommen, um die Arbeitsmigranten zu
       vertreiben, prognostiziert Stephan Karrenbauer. Schon am Spätnachmittag
       grillte dort gestern eine Gruppe von Osteuropäern.
       
       9 Jun 2016
       
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