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       # taz.de -- Biohändler gegen Davert: Ökopioniere im Abseits
       
       > Die Produkte der Naturkostmarke Davert stehen jetzt auch in dm-Regalen.
       > Das empört andere Biohändler: Sie drohen mit dem Rausschmiss der Marke.
       
   IMG Bild: Davert auch beim Drogerieriesen? Das findet die Bio-Community nicht lustig
       
       Berlin taz | Ob auf Speisekammer-Klassikern wie Reis, Bohnen oder Linsen
       oder auf Superfoods wie Chia: Das runde Logo des Biounternehmens Davert
       prangt in fast jedem Ökoladen auf etlichen Produkten. Der Hersteller aus
       dem Münsterland gehört zu den Biopionieren aus den 1970er Jahren.
       
       Doch nun hat er ein Problem: Seit Mai stehen seine Waren auch in den
       Regalen des Drogerieriesen dm. Und das gefällt der Bio-Community gar nicht:
       „Damit ist die Marke für uns tot“, zitiert das Branchenmagazin
       biomarkt.info Georg Kaiser, den Geschäftsführer der Biosupermarktkette Bio
       Company. Das Sortiment stehe auf dem Prüfstand, heißt es.
       
       Der Einstieg bei dm dürfte Davert ein dickes Umsatzplus bescheren. Der
       Drogeriediscounter hat allein in der ersten Hälfte des laufenden
       Geschäftsjahres fast 4,8 Milliarden Euro umgesetzt. Ständig eröffnet er
       neue Filialen. Davert hatte zuletzt „massiv in Personal, Lagerkapazität und
       Maschinenpark investiert“, das bestätigt dm in seiner Ankündigung, die
       Marke ins Sortiment zu nehmen. Laut dm ist Davert auch Produzent der
       dm-Eigenmarke dmBio.
       
       Wenn Davert nun auch offiziell über dm zu haben sei, entstehe der Eindruck,
       dass man ja erst gar nicht im Fachhandel einkaufen brauche, sagt eine
       Bio-Company-Sprecherin.
       
       ## Krach mit Vorgeschichte
       
       Der aktuelle Krach hat eine Vorgeschichte: dm verkaufte lange exklusiv die
       Biomarke Alnatura. Drogeriemarktgründer Götz Werner und Alnatura-Chef Götz
       Rehn sind verschwägert, die Unternehmen waren einander eng verbunden – bis
       2014 bekannt wurde, dass dm eine eigene Biomarke einführen und dafür viele
       Alnatura-Produkte auslisten wollte. Zuvor dürfte Alnatura einen großen Teil
       des Umsatz über die dm-Märkte gemacht haben.
       
       Viele der Waren sind schon aus den Regalen geflogen. dm soll sogar
       ausgerechnet Hersteller seines ehemaligen Geschäftspartners massiv unter
       Druck gesetzt haben, für die dm-Eigenmarke zu liefern. Seitdem sorgen die
       Verwerfungen zwischen Werner und Rehn regelmäßig für Wirbel – zuletzt
       zerrte Werner Rehn sogar in einem Streit um die Rechte an der Marke
       Alnatura vor Gericht. Nun soll also Davert die Lücke füllen.
       
       Ist es denn komplett beliebig, wo die Bioprodukte verkauft werden? Auf
       keinen Fall, bemüht sich die Branche zu unterstreichen. Stephan Paulke,
       Vorstandsvorsitzender des Biosupermarkts Basic, erklärt, „discountierende
       Vertriebsformate“ versuchten „andere Marktteilnehmer mit Niedrigstpreisen
       aus dem Markt zu drängen, auch wenn das strukturell negative Folgen hat“.
       
       Die Drogeriekette gilt als solches Format. Auch wenn das Unternehmen stets
       eine sanfte Anthroposophie-Aura umflorte: Im Preiskampf spielt dm in einer
       Liga mit Aldi.
       
       Der Inhaber der SuperBioMarkt-Läden, Michael Radau, sagt, er wolle
       Konkretes nur mit Davert selbst besprechen. Doch seine allgemeine Kritik
       ist eindeutig. „Als Fachhändler bin ich jahrelang für einen bestimmten
       Wertekanon eingetreten“, sagt Radau. Das habe er „auch mit Davert gelebt“.
       Bei dm herrsche aber ein ganz anderer Preisdruck.
       
       „Der Eintritt von Davert in die konventionelle Welt zerstört dieses
       Gefüge“, so der Händler. „Ich befürchte, dass in der dm-Konzernstruktur der
       wirkliche Bio-Gedanke verloren geht.“ Bei SuperBioMarkt denke man über
       Konsequenzen nach. „Wir werden reagieren. Ich suche nach Alternativen in
       verschiedenen Produktbereichen.“
       
       ## Kein großes Vertrauen
       
       Beim Konkurrenten Basic wird das Davert-Sortiment laut Chef Paulke derzeit
       überarbeitet und „an die aktuelle Kundennachfrage angepasst“. Zum
       „gegenwärtigen Zeitpunkt“ sei eine komplette Auslistung zwar nicht geplant.
       Nach großem Vertrauen in die weitere Partnerschaft klingt das aber nicht.
       
       Man darf die emotionale Komponente in diesem Marken-Monopoly nicht
       verkennen: Die Biopioniere sind untereinander wohlbekannt. So heißt es vom
       Ökohändler denn’s: „Die Entscheidung von Davert, den Status als
       Fachhandelsmarke aufzugeben, bewegt uns und wirft die Frage auf, wie nahe
       dieser Schritt an der ursprünglichen Vision von Rainer Welke, dem Gründer
       und Bio-Pionier, liegt.“
       
       Wie Davert reagiert? Auf eine taz-Anfrage will sich die Firma erst am
       heutigen Montag äußern. Auch Alnatura bleibt still. Dabei steht das
       Unternehmen mitten im Konflikt: auf der einen Seite geschasster Partner von
       dm, auf der anderen Seite Händler von Davert-Produkten in den firmeneigenen
       Supermärkten.
       
       12 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eva Oer
       
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