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       # taz.de -- Mitbestimmung bei Alnatura: „Betriebswirtschaftliche Gründe“
       
       > Seit Monaten wird die Wahl eines Betriebsrats in einer Bremer
       > Alnatura-Filiale blockiert. Nun wurde der Personalstamm ausgedünnt.
       
   IMG Bild: Innovative Produkte, schön und gut, aber wie sieht es bei der Mitarbeitervertretung bei Alnatura aus?
       
       Bremen taz | Kai Wargallas Arbeitsvertrag wird nicht verlängert. Ende Juni
       endet ihre Tätigkeit in der Alnatura-Filiale in der Bremer Faulenstraße.
       Weder ihre Stelle wird der Bio-Supermarkt nachbesetzen noch die jener
       anderen Kollegin, die um einen Aufhebungsvertrag gebeten hat. Für zwei
       Auszubildende, die in eine Hamburger Filiale gewechselt sind, kommt
       Wargalla zufolge niemand Neues, auch nicht für den Lehrling, der gerade
       seine Ausbildung beendet – und nicht übernommen wird. Das Unternehmen
       verweist auf betriebswirtschaftliche Gründe – und die, das schwingt
       deutlich mit, hätten mit dem Vorstoß der MitarbeiterInnen zu tun, einen
       Betriebsrat zu gründen.
       
       Denn „seit einigen Monaten“ sei der Umsatz in der Filiale Faulenstraße
       „stark zurückgegangen“, sagt Alnatura-Sprecherin Stefanie Neumann, und das
       sei „durchaus ungewöhnlich“. So ganz bestätigen will sie die Angaben zu den
       fünf Stellen nicht: „Es ist richtig, dass wir die Mitarbeiterzahl anpassen
       müssen“, sagt die Sprecherin, „aber bei den Lehrlingen ist noch nichts
       entschieden.“ Die Ausbildungsplätze könnten je nach Umsatz-Entwicklung
       „vielleicht ein halbes Jahr später oder aber vielleicht auch gar nicht
       nachbesetzt werden – da ist noch alles offen“.
       
       Fest steht hingegen: Sollte es zur Betriebsratswahl kommen, hätte die
       Filiale nun nur noch einen Anspruch auf eine einköpfige
       MitarbeiterInnenvertretung: Wären die erwähnten fünf Stellen weiterhin
       besetzt, stünde der Filiale ein dreiköpfiges Gremium zu. Zumal: Eine der
       treibenden Kräfte für einen Betriebsrat – und Wahlvorstandsmitglied – ist
       Kai Wargalla.
       
       In den Wahlvorstand hatte sie das Arbeitsgericht Bremen berufen, wo die
       geplante Betriebsratswahl schon seit Mitte Februar auf dem Tisch liegt:
       Fünf Alnatura-MitarbeiterInnen hatten ein Beschlussverfahren angestrengt,
       nachdem – so ihr Vorwurf – die Filialleitung im Oktober „durch taktische
       Spielchen“ die Wahl verhindert habe ([1][taz berichtete]). Im Vorfeld
       hätten sowohl das Filialleitungsteam als auch der Gebietsleiter
       MitarbeiterInnen zu Gesprächen geladen und dabei ihren Unmut über die
       Betriebsrats-Pläne geäußert.
       
       Nach dem Scheitern der Wahl beantragte die Gewerkschaft Ver.di als
       Vertreterin von fünf MitarbeiterInnen beim Arbeitsgericht den Einsatz eines
       Wahlvorstandes – und hatte damit Erfolg. Alnatura legte Beschwerde ein,
       ließ sich damit aber Zeit bis zum Ende der einmonatigen Frist; zur
       Begründung der Beschwerde forderte das Unternehmen dann nochmal eine
       Fristverlängerung bis Anfang Juni.
       
       Ob das bewusste Taktik des Unternehmens war, darüber lässt sich nur
       spekulieren. Bemerkenswert ist allerdings, dass Kai Wargalla erst kurz vor
       Ende der Frist ihre „Nichtverlängerungsanzeige“ erhielt – und genau die
       führt der Arbeitgeber in seiner Beschwerdebegründung auf. „Dort steht
       sinngemäß, dass es den vom Arbeitsgericht eingesetzten Wahlvorstand nicht
       geben könne, weil ich bei einer Betriebsratswahl ja gar nicht mehr im
       Unternehmen tätig sei“, sagt Wargalla.
       
       Ob ihr Arbeitsvertrag wegen ihres Engagements für einen Betriebsrat nicht
       verlängert wurde – es wäre bereits die dritte Verlängerung gewesen –, weiß
       Wargalla nicht. „Eine schriftliche Begründung ist bei einem auslaufenen
       Vertrag ja sowieso nicht nötig“, sagt sie. „Mündlich hat man auch mir
       gegenüber von betriebswirtschaftlichen Gründen gesprochen.“
       
       Beim Kampf um einen Betriebsrat will sie die KollegInnen aber trotzdem
       unterstützen: „Es gibt in der Faulenstraße immer noch genug Leute, die das
       wollen und auch vorantreiben“, sagt Wargalla. „Anders als bei vielen
       anderen ist die Tätigkeit bei Alnatura für mich nicht existentiell
       wichtig“, sagt sie – „genau das bedeutet aber auch, dass ich die
       Verantwortung habe, künftig weiterzumachen.“
       
       Bundesweit hat Alnatura 99 Filialen – darunter gibt es bislang nur in einer
       einzigen einen Betriebsrat. Wargalla erzählt, dass Gründer und
       Geschäftsführer Götz Rehn bei einem Besuch in der Filiale Faulenstraße auf
       Nachfrage gesagt habe, er wünsche sich für Alnatura „eine innovativere Form
       der Mitarbeitervertretung“.
       
       17 Jun 2016
       
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