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       # taz.de -- Treffen von Rechtspopulisten in Wien: Europas Rechte fühlen sich stark
       
       > In Wien plädieren die Rechtspopulisten beim Gipfeltreffen für den Brexit.
       > Der „Unmut der Völker“ soll die EU hinwegfegen.
       
   IMG Bild: Kaffeekränzchen der rechten Prominenz: Heinz-Christian Strache (FPÖ), Marcus Pretzell (AfD) und Marine Le Pen (Front National)
       
       WIEN taz | Bierzeltatmosphäre verbreiteten Europas Rechte jüngst in
       Vösendorf bei Wien. In der Glaspyramide, wo sonst auch Erotikmessen oder
       Boxgalas stattfinden, wurden 1.500 FPÖ-Fans mit dem Radetzky-Marsch und
       patriotischen Hymnen in Stimmung gebracht. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache
       hatte Gleichgesinnte von insgesamt acht rechten und rechtsextremen Parteien
       am Freitagabend zu einem „Patriotischen Frühling“ eingeladen. Das Motto hat
       er von Marine Le Pen abgekupfert.
       
       Seit den Präsidentschaftswahlen im Mai genießt die FPÖ ein gewisses
       Starimage unter Europas Rechtspopulisten. Mitte Juni traf sich Strache mit
       AfD-Chefin Frauke Petry zum medial inszenierten Gipfelgespräch auf der
       Zugspitze, jetzt profilierte er sich als Netzwerker der Europagegner.
       Vordergründiger Anlass: Vor einem Jahr wurde im EU-Parlament die Fraktion
       „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF) gegründet, die die Freiheit
       vom „Brüsseler Diktat“ anstrebt. Von ursprünglich sechs ist sie inzwischen
       auf neun Parteien angewachsen, darunter die AfD, die durch Frauke Petrys
       Lebensgefährten Marcus Pretzell vertreten war. Stargast war aber Marine Le
       Pen, die Chefin des französischen Front National, die nach dem Auftritt
       einer Schuhplattlergruppe reden durfte.
       
       „Die Europäische Union hat sich als komplette Katastrophe erwiesen“,
       urteilte sie in ihrer Ansprache. Sie vertrete nur die Interessen der großen
       Konzerne und unterhöhle die Rechte der Arbeitnehmer. Auch die
       Gewerkschaften seien „durchdrungen von Europäismus“, gab sie sich als
       Vertreterin des kleinen Mannes. Norbert Hofer, gescheiterter
       Bundespräsidentschaftskandidat, applaudierte heftig. Und Gastgeber Strache
       legte nach: „Der Unmut unter den Völkern Europas ist groß.“ Allen
       Mitgliedern der Europäischen Union solle die Gelegenheit gegeben werden,
       wie die Briten über ihren Verbleib in der Union abzustimmen. Brexit für
       alle quasi.
       
       Rot-weiß-rote Fähnchen schwingende FPÖ-Anhänger johlten begeistert. In
       einem TV-Interview präzisierte Le Pen ihre eigenen Pläne für den Fall, dass
       sie Präsidentin von Frankreich wird: „An dem Tag, an dem ich gewählt werde,
       organisiere ich binnen sechs Monaten eine Volksabstimmung.“ Die Union müsse
       Frankreich vier Dinge zurückgeben: „die Herrschaft über unsere Wirtschaft,
       unser Geld, unsere Gesetze und unser Staatsgebiet“. Sollte die EU dazu
       nicht bereit sein, würde sie ihrem Volk den Austritt empfehlen.
       
       Die EU sei der Tod der Demokratie, der Islam und die Muslime eine Bedrohung
       der Sicherheit und Identität in Europa. In diesen Punkten waren sich neben
       den österreichischen Gastgebern die Vertreter aus Großbritannien, den
       Niederlanden, Belgien, Italien, Polen, Tschechien und Rumänien einig.
       Mancher Redner bemühte die Türkenbelagerung – 1529 und 1683 scheiterte die
       Expansion des Osmanischen Reices nach Mitteleuropa vor den Toren Wiens –,
       um die Herausforderungen der Gegenwart drastisch zu illustrieren. Die große
       Klammer für die nationalistischen Parteien ist die Ablehnung der EU, sofern
       sie nicht zu einem „Europa der Vaterländer“ auf eine Freihandelszone
       reduziert wird.
       
       „Ein großer Patriot liebt das, was Deutschland einmal war“, verkündete
       Marcus Pretzell (AfD) und ließ damit der Fantasie des Publikums großen
       Raum: „Wir werden uns unsere Kultur, Sprache und Identität zurückholen.“ Er
       pries den FPÖ-Europaabgeordneten Harald Vilimsky. Denn der habe „nicht
       unerhebliche Arbeit geleistet, dass ich Teil des ENF sein kann“.
       
       19 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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