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       # taz.de -- Anschlag auf einen Polizeibus in Istanbul: Mindestens elf Tote
       
       > Bei einem Attentat in der türkischen Metropole sind mindestens elf
       > Menschen getötet worden. Bekannt hat sich zu dem Angriff bisher niemand.
       
   IMG Bild: Mitten im dicht bewohnten Altstadtbezirk Vezneciler: Anschlag aus einem Auto heraus
       
       Istanbul taz | Die türkische Metropole Istanbul ist erneut von einem
       schweren Terroranschlag getroffen worden. Am Dienstagmorgen um 8.40 Uhr
       wurde eine Autobombe ferngezündet, als ein Bus der Istanbuler kasernierten
       Polizei den parkenden Wagen passierte. Die Bombe zerstörte den Polizeibus,
       tötete sieben Polizisten und vier Passanten; 36 weitere Menschen wurden zum
       Teil schwer verletzt.
       
       Das Attentat fand in unmittelbarer Nähe der Metrostation Vezneciler statt,
       unweit der Istanbuler Universität, des Großen Basars und des Rathauses der
       Metropole. Die Detonation war so stark, dass etliche Gebäude in der
       Umgebung beschädigt wurden, darunter eine historische Moschee aus dem 16.
       Jahrhundert. Ein Hotel in unmittelbarer Nähe wurde ebenfalls in
       Mitleidenschaft gezogen. Da es wegen ausbleibender Touristen aber
       geschlossen war, wurde dort niemand verletzt.
       
       Präsident Recep Tayyip Erdoğan besuchte wenige Stunden nach dem Anschlag
       die Verletzten in einem nahe gelegenen Krankenhaus. Er sprach den
       Angehörigen der getöteten Polizisten und Zivilisten sein Beileid aus. In
       einer anschließenden improvisierten Pressekonferenz machte er die kurdische
       Arbeiterpartei PKK für den Anschlag verantwortlich.
       
       Es sei ja nichts Neues, sagte er, dass die Terrororganisation auch
       Attentate in Großstädten verübe: „Die Terroristen können überall und
       jederzeit Anschläge durchführen. Wir müssen darauf vorbereitet sein.“
       
       Erdoğan kündigte an, weiter mit aller Härte gegen die PKK vorzugehen. Der
       Kampf werde, wenn nötig, bis „in alle Ewigkeit“ fortgesetzt. Für den Terror
       gebe es keine Entschuldigung.
       
       ## Rückgang des Tourismus um 90 Prozent
       
       Bislang hat sich weder die PKK noch eine andere Organisation zu dem
       Anschlag bekannt. Trotzdem spricht die Art des Attentats für die PKK
       beziehungsweise ihren Ableger im Westen der Türkei, die sogenannten
       Freiheitsfalken (TAK). Der Anschlag richtete sich gezielt gegen die
       Polizei. Die Freiheitsfalken haben in diesem Jahr bereits zwei Anschläge in
       Ankara und einen in Istanbul verübt. Ziel waren Militärkonvois,
       Polizeistationen oder Polizeibusse.
       
       Im März explodierte jedoch eine Autobombe auf dem zentralen Kizileyplatz in
       Ankara und tötete 35 Menschen. Die TAK erklärte später, die Bombe sei
       versehentlich zu früh explodiert und hätte deshalb unbeteiligte Zivilisten
       getötet.
       
       Anders bei den Anschlägen des „Islamischen Staats“ (IS) bombt die TAK laut
       ihren Erklärungen gegen Polizei und Militär „aus Rache“ für die Polizei-
       und Militäraktionen gegen Kurden im Südosten des Landes. Dort führt das
       Militär seit Dezember großangelegte Operationen gegen kurdische Aufstände
       in Städten und Bergregionen durch. Dabei wurden Hunderte Zivilisten
       getötet.
       
       Schwerer als die Anschläge von PKK und TAK wurde Istanbul in diesem Jahr
       von Attentaten des IS getroffen. Im Januar sprengte sich ein islamistischer
       Selbstmordattentäter in einer Gruppe deutscher Touristen in die Luft und
       tötete 12 Menschen. Im März griff ein weiterer IS-Attentäter eine
       israelische Touristengruppe auf der bekannten Einkaufsmeile Istiklal
       Caddesi an und tötete vier Menschen.
       
       Außer für die unmittelbar Betroffenen sind die Attentate vor allem für den
       Tourismus in Istanbul verheerend. Hatten im Jahr 2014 noch 12 Millionen
       Menschen die Stadt besucht, stehen heute die meisten Hotels, Pensionen und
       Ferienwohnungen leer. Hoteliers sprechen von einem Rückgang um 90 Prozent.
       Nach dem Attentat von Dienstag warnte das Auswärtige Amt erneut davor,
       derzeit Istanbul zu besuchen.
       
       7 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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