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       # taz.de -- EMtaz: So lief die Tah-Nominierung: „Ah geh, holts den Kleinen wieder“
       
       > Wer ist dieser Jonathan Tah? Der taz liegen exklusive Erkenntnisse zur
       > Nachnominierung nach dem Kreuzbandriss von Antonio Rüdiger vor.
       
   IMG Bild: Philipp Lahm verliert das EM-Halbfinale 2012
       
       „Alarmstufe 1 – Nationaler Defensivnotstand ausgebrochen!“, verkündeten
       sämtliche Presseorgane im twitteralen Eiltempo. Natürlich war auch Europas
       informierteste Sportredaktion [1][live vor Ort] als es um 19:17 Uhr
       passierte: Kreuzbandriss bei Antonio Rüdiger!
       
       Eine ganze Nation hing am seidenen (Kreuz-)Band, Bundestrainer Löw musste
       reagieren. Und am nächsten Morgen hatte er einen Ersatz gefunden: Jonathan
       Tah. Dabei hätte alles ganz anders laufen sollen, wie die taz jetzt
       exklusiv aus einem geheimen Évian-Protokoll erfuhr:
       
       Évian, 18.00 Uhr: Noch ahnt niemand etwas von der Dramatik, die dieser Tag
       noch bringen wird. Trainingsalltag auf dem millimetergenau getrimmten Platz
       von Évian. Müller foppt Schweini („Schleich di, Dich brauch'ma eh nimm“),
       Boateng grübelt („Die Nachbarn um Bellevue mögen misch sicher auch“),
       Torwarttrainer Köpke beäugt Neuers Abwürfe („Vorsicht Manu, die Flieger!“)
       und Poldi läuft breit grinsend durch die Reihen. Das ich das noch erleben
       darf, denkt er.
       
       Évian, 19.00 Uhr: Löw bittet zum Trainingsspiel. Die Spielfreude der
       Angreifer gefällt nicht allen. Boateng („Frechheit, was der Mario abzieht.
       Als baldiger Bundespräsident muss ich mich wirklich nicht tunneln lassen“)
       und Khedira („Ein italienischer Meister verrichtet keine Laufarbeit“)
       räumen das Feld vorzeitig. Reine Vorsichtsmaßnahme, heißt es später.
       
       Nur Rüdiger kämpft verbissen um jeden Ball – bis er Müller („Fair gwinnst
       koan Zweikampf gegen den Burschn“) in die Quere kommt. „Alles ok, bin nur
       gestrauchelt“, ruft Rüdiger nach dem „unglücklichen Zweikampf“
       (DFB-Pressestelle). Er humpelt vom Platz.
       
       Dr. Müller-Wohlfarths erste Analyse: „Meine heilenden Hände kriegen das mit
       ein paar Spritzen schon hin.“ Auf dem Platz beißt sich Höwedes vor Freude
       in die Faust: „Startelf, Startelf!“. „Danke, Thomas“, flüstert Kimmich dem
       Müller zu. „Basst scho, mir Bayern müssn zammhalten“, sagt der.
       
       Évian, am späteren Abend: Nach 371 Spritzen für Rüdiger eilt Dr.
       Müller-Wohlfarth zu Löw. Er spricht mit ernster Miene: „Der Toni wird erst
       einen Tag nach dem letzten Gruppenspiel wieder fit.“„Das reicht natürlich
       nicht“, sagt Löw. Der Bundestrainer greift zum Telefon.
       
       Neben einer Eistonne in London drückt jemand verwundert den grünen Knopf:
       „Ja, Merte hier.“
       
       Ein nervöser Löw kommt direkt zum Thema: „Du Per, die Lage ist ernst.“
       Mertesacker schwant Böses. „Wie ernst? Du weißt ja, mit diesen blöden
       ZDF-Fragestellern hab ich abgeschlossen.“
       
       Löw überlegt, wie er am besten vorgehen sollte. Ein Teil der Antworten
       würde die Bevölkerung verunsichern“, sagt er. Die Leitung knackt. Also gut,
       dann halt der nächste, denkt sich Löw und greift wieder zum Hörer.
       
       „Huuuuuuth?“
       
       „Notstand, Robert! Der Rüdiger hat sich verletzt. Springst du ein?“„Sorry,
       Jogi. Hier steigt am Sonntag die 34. Auflage der Füchsemeisterparty. Das
       wird was ganz Besonderes.“ „Verdammt“, grummelt Löw und legt auf.
       
       Kurz darauf in der Hotellobby. „Haben wir sonst noch Alternativen?“, fragt
       der Bundestrainer genervt. Assistenztrainer Thomas Schneider atmet tief
       durch. „Ich habe noch gute Kontakte nach Stuttgart, der Kevin…“, murmelt er
       und greift zum Hörer.„Großkreutz, hallo?“
       
       „Schneider hier, du Kevin, die Lage ist ernst, wir bräuchten einen…“ – piep
       – piep – piep. „Was ist denn jetzt los?“, fragt Schneider verwundert. „Wir
       haben erst neu renoviert“, sagt ein Hotelangestellter. In seiner Hand hält
       er eine Schere und ein Sück des Telefonkabels.
       
       Die missliche Lage dringt zu La Mannschaft durch. „Ah ge, holts halt den
       Kleinen wieder“, sagt Müller mit Unschuldsmine. Aus der Ecke meldet sich
       Schweini: „Khedira könnte ja eins nach hinten rücken und ich dann…“
       „NEIN!“, schreien alle im Chor. „Oder wir wir spielen Dreierkette, dann
       könnte ich…“ „NEIN, NEIN, NEIN!“
       
       Jetzt ist allen der Ernst der Lage bewusst, einzig Boateng wirkt abwesend
       („Oder doch vielleischt Brandenburger Landtag?“). Löw geht nochmal die
       Liste der letzten Länderspiele durch. Sein zweiter Co-Trainer, Marcus Sorg,
       macht ihn auf den Namen Tah aufmerksam. „Wer ist das denn?“, fragt Löw.
       
       „Ein guter Junge, wie die Nachbarn sagen,“ meint Sorg zufrieden. „Das ist
       doch das Wichtigste“, sagt Löw.
       
       9 Jun 2016
       
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